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Traumstoff

Kam ich in diesen Buchladen, waren die Geschichten unendlich
Die alte Frau sortierte Bände ein. Sie grüßt und kennt mich
Drohte die große, erwachsene Welt, mich zu erdrücken
Sucht’ ich Brücken in dieses andre Leben, in diesen Lücken
Zwischen den Seiten. Zweifel? Wisch’ sie beiseiten beizeiten in Zeiten wie diesen,
Reit in andere andere Breiten
Und ließ meine Augen weiten, von den großen Regalen stets aufs Neue verleiten.
Verbrachte Stunden mit Science Fiction auf den Sitzsäcken
Oder im Stehen mit den Comics in den Witzecken
Die Sonne stahl sich davon. Draußen – aber hier drinnen
Sah ich Sonnenstrahlen zwischen den Regalen gerinnen.
Es war wie Scala oder Princess, mit Besitzern schwer von Sinnen
Da war nie wer drin, damit konnt man nix gewinnen
Außer wenn ich mit meiner Familie kam, schlossen sich hinter uns die Pforten
Wir besetzten die Hälfte des Kinosaals und fühlten uns very important
Saßen da im Mikroversum voll altem recken Schmuck
Mit den schweren roten Vorhängen und an den Decken Stuck
Jeder Kratzer auf der Filmrolle als rauschendes Bild
Saß ich in den schweren Sesseln dort und lauschte nur still
Solche Filme klebten gleichermaßen unter dem Papier
Zwischen Pappdeckeln im Buchgeschäft der Wunderstraße 4.
Dies war mein Auenland. Meine eigene Welt,
Aus der man höchstens aufsieht, wenn mal die Türklingel schellt
Doch komm ich heute zurück, ist der Laden sichtbar leer
Und die alte Dame mit den Büchern kennt mich nicht mehr.

Und keiner kauft mehr bei ihr ein,
Ihre Tür verstaubt,
Ihr Haupt glaubt kaum, es sei ihr noch erlaubt
An die Zukunft zu glauben. Denn die hat man ihr geraubt
Mit großen Ketten, auf die jetzt alle Welten wetten,
Selbst die netten Leute meinen kaum, dass sie noch was zu retten hätten
Und ihn’ ist nicht bewusst, was ich in ihren Räumen find’:
Sie webt den Stoff aus dem die Träume sind!

Der volle Text wird ab Herbst 2017 in meinem Gedichteband “Märchen aus einer grausamen Welt” (Periplaneta Verlag) zu lesen sein.

 

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