Kategorien
Alte Reisen Reiseblog

Useless Lonely Planet / Por dedo

Useless Lonely Planet
Zum ersten Mal bin ich in einer Stadt, in der mein bis jetzt ausserordentlich nützlicher Lonely Planet absolut nutzlos ist: Chancay. Selbst Wikipedia hat da keinen Eintrag zu. Im Lonely Planet-Register findet sich nur die “Chancay-Kultur” (in einer Auflistung über präinka-Kulturen), ansonsten taucht der Ort nur auf der Uebersichtskarte über die Nordküste als kleiner Punkt auf – nada mas. Entsprechend wenig Ausländer finden sich in diesem Städchen 80 Kilometer nördlich von Lima (etwa 1 1/2 Stunden per Bus) – dafür scheint es umso mehr inländischen Tourismus zu geben, da wir ganze sechs Hostals aufsuchen mussten bis wir ein (erschwingliches) mit freiem Zimmer fanden.
Nach einem leckeren Frühstück bei den Vilcas gestern morgen machten wir uns natürlich später als geplant los zum Terminal Terrestre – das gibt es inzwischen nämlich selbst in Lima ;), an der Plaza Norte und entsprechend in der Nähe zum Hause der Vilcas in Puente Piedra. Nach einigen merkwürdigen Kommunikationsschwierigkeiten mit den Schalterleuten bei Z-Bus kauften wir für je S/ 6,50 ein Ticket nach Chancay und warteten eine halbe Stunde am modernen Terminal – nur die tolle elektronische Anzeige nutzte wenig (stand erst auf 12:30 und als der Bus dann nicht kam, einfach auf 12:45… Abfahrt war um 13:00). Wir erwischten die zwei letzten Plätze während die entsprechend lange Schlange hinter uns auf den nächsten Bus warten musste und kamen am frühen Nachmittag in Huancay an – der Endstation. Von hier aus müssten wir, wie uns der Busfahrer sagte, ein collectivo nach Chancay nehmen, es dauere nur 10 Minuten. Z-Bus fahre da nicht hin. Es waren zwar wirklich nur 10 Minuten, wir fühlten uns aber trotzdem verarscht – v.a. als ich später in Chancay ein Z-Bus-Terminal sah. Cabrones.
Strand von ChancayVon der schicken Plaza aus gings zum Castillo de Chancay, wo wir einen Platz zum Picknicken vermuteten – das touristische Pseudocastel kostet aber S/ 10 Eintritt, und den konnten wir uns zum Picknicken nun wirklich sparen. Am echt mit herrlicher Aussicht gesegneten Hafen breiteten wir unsere Decke am Strand aus und leerten unseren Rucksack begleitet von lautem Meeresrauschen und Vögelkreischen. Ich glaub, ich versteh schon, warum die Limeños hierher zum Entspannen kommen.

30.8.2010, Chancay

Por dedo
Lastwagenfahrer sind tolle Menschen. Ich glaube, wenn ich gross bin, werd ich auch mal Lasterfahrer :). Gestern früh in Chancay aufgewacht, ging es per Micro nach Huanca und von dort per Bus zur Reserva Nacional. Das Castillo sparten wir uns weiterhin, weil da ausser kommerziellen Restaurants, Läden und Clubs nichts sehenswertes zu sein schien. Irgendwo mitten in der Wüste an der Panamericana liess uns der Busfahrer dann raus, mit dem Hinweis, die Reserva sei “caminando por la derecha” (nach rechts wandern). Da standen wir nun in der Wüste und fragten uns, wo hier ein sehenswerter Nationalpark sein sollte, folgten aber der Wegbeschreibung. Als wir auf der staubigen Strasse ein kleines Auto in unsere Richtung kommen sahen, hielten wir testweise den Daumen raus – und hatten Glück. Der Schönheitschirurg aus Lima mit seiner mexikanischen Frau nahmen uns nicht nur bis zum Eingang mit, sondern gleich zum Beginn des Rundgangs, und schlugen vor, uns wieder mit zurück zu nehmen, wenn wir in einer Stunde wieder da wären. Während wir über den ersten Hügel fuhren, änderte sich die Landschaft rapide – die klare Sicht wurde zum nebeldurchtränkten Tal, die Wüste zur von grüner Vegetation überzogenen Landschaft. Ich in der Reserva NacionalWährend wir von zahlreichem Vogelzwitschern begleitet durch die vernebelten Hügel wanderten und unsere mitgebrachten Früchte verzehrten, passierten wir totenkopf-ähnelnde Felsen und fantastisch obskur-verkrümmte Bäume. Es war den Besuch absolut wert gewesen. Als wir in Richtung des Parkplatzes zurückkehrten, stellten wir fest, dass die Stunde längst vorbei war. Nicht mehr mit unserem Ride rechnend, schlenderten wir den Hügel runter, bis wir das gelbe Auto langsam hinter dem Haus hervorkommen sahen – und rannten natürlich schnell los, was sie tollerweise bemerkten und auf uns warteten, so dass wir doch noch zügig zur Panamericana zurück kamen. Von dort aus wollten wir nun weiter nach Huancho, das etwa weitere 40 km weiter nördlich liegt. Mit viel Glück reagierte noch vor dem amanecer ein wahnsinnig netter Lasterfahrer auf unseren Daumen, ermahnte uns, dass das doch gefährlich sei, und nahm uns bis zu unserem Wunschziel mit. Während wir uns angeregt mit ihm unterhielten, konnten wir durch das Lastwagenfenster- Panorama die Aussicht auf die nächtliche Panam in der Wüste geniessen, während vor jedem Hügel die entgegenkommenden Scheinwerfer die Strasse in diffuses Licht hüllten. Nach etwas längerer Suche fanden wir ein Hostal (das einzige) direkt am Meer, wo wir dank unserer späten Ankunft für nur S/ 20 eine Suite mit Meerblick ergatterten. Nach Chifa-Abendessen in der Stadt konnten wir so in gemütlichen Sesseln mit Meerblick unseren Rotwein trinken und uns bis spät in die Nacht unterhalten.
Nach einem guten Frühstück und einem Geburtstagsanruf bei meiner Ma entschieden wir uns dann dank der guten Erfahrung, wieder per dedo zurück nach Lima zu reisen. Und wieder hatten wir nach nur 15 Minuten Glück mit einem Lasterfahrer, der uns bis an den Rand Limas mitnahm, von wo aus wir dann mit dem Los-Chinos – Stadtbus ins Zentrum kamen. Unterwegs spendierte er uns gar noch ein paar Früchte und erzählte von seinen Erlebnissen in Japan.
Noch am gleichen Abend hatte ich dann wieder “Demografia Social”, und konnte mich ein wenig mit Sergio unterhalten, da der Kurs natürlich wieder bedeutend später anfing. Ob ich mich daran wohl noch gewöhnen werde, oder immer als doofer Deutscher pünktlich zur ausgeschriebenen Zeit da bin?

31.8.2010, Lima

Anmerkung: Alle Fotos von diesem Trip gibts hier: http://rapidshare.com/files/416483858/Fotos_Chancay_Huancho.zip (bitte gebt mir Bescheid wenns bei einem geklappt hat und hebt sie für mich auf!)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert