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Excursion, Archäologie,Töpfererotik, Feria, Poesia und der Flying Dog

Excursion, Archäologie und Töpfererotik
Ich befürchtete schon ein Dé-javù erlebnis, als ich gestern abend in der Uni vor der aula 8 stand. Und niemand da war. Und es bei der Parallelveranstaltung des anderen Prof in der aula 25 genauso leer war. Da aber wenig später vor der 8 noch ein paar andere Studenten warteten, blieb auch ich und konnte so eine halbe Stunde später tatsächlich an meiner ersten Stunde Sociologia rural teilnehmen. Erstmals hatte ich eine wirklich interessante Klasse mit bereichernden Erkenntnissen und bin entsprechend wirklich froh, zu dieser Klasse gewechselt zu haben. Ausserdem wird es, um das ganze auch praktisch abzudecken, Mitte Oktober eine gemeinsame Exkursion geben, wo wir dann sozusagen “Clase en el campo” (auf dem Land) haben 😉 – mehr dazu natürlich, wenn es so weit ist.
Heute wurde ich dann meiner offiziellen Einschreibung gerecht und besuchte das Larco-Archäologiemuseum in der Bolívar (in dem ich bisher immer noch nicht gewesen war, obwohl es um die Ecke meiner ehemaligen Unterkunft liegt). Das Museum ist wirklich faszinierend und gut gemacht, und zeigt vor allem die zahlreichen präinka-Kulturen auf, die man viel zu selten beachtet – angesichts der Tatsache, dass Peru einige tausend Jahre von Nazca, Chancay, Moche, Lima, Paracas und und und bevölkert wurde, während die Inka nur die letzten 150 Jahre eine Rolle spielten.
Erotische Töpferkunst im archäologischen MuseumIn einem Extrabereich (um die Kinder fernzuhalten 😉 ) war “erotische Töpferware” ausgestellt mit Krügen, auf denen die verschiedensten Sexstellungen als Skulpturen dargestellt sind, und einem Trinkgefäss, dessen Griff der überdimensionierte Penis eines grinsenden Indigeno ist… Sinn für Humor hatten die Moche (von denen dieses Werk stammt) also auch. 🙂

9.9.2010, Lima

Feria, Poesia und der Flying Dog
Manchmal sind die teuren Ereignisse längst nicht so ein tolles Erlebnis wie die kostenlosen – so wie heute. Ich habe mich ehrlich gesagt ein kleines bisschen geärgert, 20 Soles für den Eintritt zu der diese Woche im Parque de la Exposicion stattfindenden Feria de Comida (Essens-Messe) zu bezahlen. Zwar gab es tatsächlich sehr viel beeindruckende Auswahl und ich ass mein erstes Meerschweinchen (eigentlich vom Geschmack her ähnlich wie Hühnchen… ein bisschen wie Lamm vielleicht), aber trotzdem musste man schliesslich noch für alles bezahlen (und das nicht zu wenig, auch wenn es meist von exklusiveren Restaurants war und dafür natürlich wiederum günstig war) und meist auch noch ewig lang Schlange stehen. Hätte man sicher besser organisieren können (“man” ja, Limeño nein ;)), und alles in allem bevorzuge ich dann doch, in einem richtigen Restaurant für den gleichen Preis ein ganzes menü zu bekommen. War trotzdem ganz lustig mit der Gruppe aus Nadja, Benni, Katty, drei mir bis dahin unbekannten Kanadiern, und diversen anderen Austauschstudenten.
Um 6 Uhr musste ich dann schweren Herzens (ja, das war ein bisschen Ironie) das Messegelände verlassen, um rechtzeitig um 7 beim Parque Kennedy zur Poesia en el Parque zu sein – was ich dank chaotischem Verkehr nur ganz knapp schaffte. Nach der Hälfte der Vortragenden war ich dann dran und durfte meinen Text “Ich hasse es” in deutsch und in der in den letzten tagen übersetzten Version “Yo odio” präsentieren, was echt gut ankam und richtig Spass gemacht hat. Es waren sogar zwei deutsche Touristen da, die beide Versionen verstanden haben 😉
Der Abend bzw. die Nacht ging dann in der Bar des Backpackerhostels “Flying Dog” in Miraflores zuende, wo unsere französische Kommilitonin Amandine (die hier immer “Mandarine” genannt wird, weil sich die Peruaner ihren Namen nicht merken können 😉 ) arbeitet und wir (die Leute die auch bei der Feria waren) bis 2 Uhr sassen, Pisco Sour und Machu Picchu tranken und uns über alles mögliche unterhielten. War auf jeden Fall sehr entspannt und v.a. mit Benni konnte ich mich (auf Spanisch natürlich) echt gut unterhalten.

10.9.2010, Lima

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Clase en la Kalle!* – Barranco

Barranco bei NachtDas gelbe Strassenlaternenlicht umhüllt die mediterran anmutenden Häuser, während zahllose Micros über die ehemaligen Strassenbahnlinien hetzen. Aus Clubs und Bars vermischt sich Reggaeton mit US-Musik und dem Mann mit der Gitare am Strassenrand. Duch mit Vigilancia ausgestatteten, private Strassen umrundende Zäune fällt der Blick auf den Pazifik, an dessen Ufer sich die tausend Lichte von Lima der Schrecklichen wie Sterne aufreihen – dass die Mehrzahl davonaus Barracken kommen, vergisst man hier leicht. Ich bin in Barranco.
Eigentlich hätte ich ja jetzt Uni. Demografia und die neu belegte Sociologia rural. Heute gab’s aber irgendeine Sonderveranstaltung/Feiertag/keine Ahnung was, weshalb in den Ciencias Sociales (…Überraschung!) keine Veranstaltungen stattfinden. Jetzt weiss ich auch, warum unsere Demografia-Aufgabe bis Donnerstag ist…
Also nutzte ich kurzerhand die Zeit und fuhr mit dem Bus nach Barranco (über 1h Fahrt!), um selbst ein bisschen Soziologieunterricht “in der Strasse” zu haben 😉
Was soll ich sagen… es ist wie eine eigene Stadt, vollkommen andes zum Rest von Lima, und wenn ich nicht täglich zur Uni müsste, würde ich wahrscheinlich hier wohnen. Zusammen mit Miraflores ist Barranco eines der besseren Wohnviertel, was man auch sieht, aber doch etwas natürlicher als Mirafloes. In zwei schicken Gässchen tummeln sich zahllose Bars und Clubs, eine vielzahl an Restaurants und Backpackerhostels. Eine lange Treppe führt runter bis zum Meer, auf welches man aber auch von oben eine gute Aussicht hat – wenn man denn dorthin kommt. Denn die meisten Strassen dahin sind “privat”, mit Videoüberwachung, Zaun und Wachmann, damit auch ja kein Unbekannter in die Nähe der betuchten Häuser kommt…
Blick auf LimaZweimal hatte ich Glück, einmal war kein Wachmann vor Ort, ein anderes mal liess mich de in Chorillos wohnende ältere Herr bis nach vorne durch – die dort Wohnenden haben wirklich eine herrliche Aussicht, die sie da für sich gepachtet haben. Es fällt leicht, zu vergessen, dass der grösste Teil Limas unter Wellblechdächern lebt und mit 800 Soles im Monat auskommt – wenn der Vater denn einen festen Job hat. (Dass die Mutter trotzdem nicht arbeiten geht, ist Sache des machismo hier…) – wahrscheinlich auch der Wachmann.

Heute früh gab es dann wieder ganz herkömmlichen Unterricht mit Procesos Sociales y Politicos, heute mit den Agrarreformen in Lateinamerika als Thema. Naja, und wo ich noch vor Kurzem über Unterforderung geklagt habe, das hab ich jetzt davon: der Text für nächste Woche ist 200 Seiten lang, die Modulleistung ist ein Examen, ein Zwischentest, ein Referat mit Hausarbeit als Gruppe und vier Kommentare zu den gelesenen Texten. Wow. Da bin ich froh, nur 3 Veranstaltungen belegt zu haben, von denen die anderen 2 fakultativ sind. Selbe schuld 😉
Nach einem ungünstig gelegenen halben Tag frei gehts dann heut abend wieder zur Uni für meine (hoffentlich) erste Stunde Sociologie rural.

8.9.2010, Lima

*Anmerkung: Ja, Calle schreibt sich eigentlich mit C. Ist n Insider für alle, die schon mal in überfüllten Micros “Tekkno… en la Kalle!” gehört haben 😉

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Wir, Gringos (Reunión cultural)

Für heute war vom Oficina der Internationalen Angelegenheiten eine Reunión angesetzt, bei der die Extranjeros bei einem gemeinsamen Ausflug das Centro Cultural der Universidad San Marcos kennenlernen sollten. Um 9:00 war Treffpunkt an der Seda Central – die Koordinatorin Veronica kam als Vorletzte an. 😉 Von dort aus ging es mit einem der Burro-Unibusse (extra für uns ca. 20 Leute) ins Zentrum zum alten Gebäude der Uni. Zwischen Anfang des 20. Jahrhunders und den 90ern befand sich die gsamte Uni in diesem ehemaligen Jesuitenkloster-gebäude, bevor sie (aus Platzgründen auf den heutigen Campus zog und dort nur das besagte Kulturzentrum zurückblieb. In einer kleinen Führung wurden uns Gelände und Contmporary Art-Ausstellung gezeigt und anschliessend im hauseigenen Restaurant kostenlos gegessen. Am besten war aber die Tatsache, dass wir Internationalen hier erstmals richtig Kontakt aufbauten, Adressen austauschten und nachher noch in einem Cafe weiterplauderten. Der französische “derecho”-Student Baptiste richtet jetzt eine Facebookgruppe für den weiteren Austausch ein, am Wochenende wollen wir u.U. gemeinsam feiern gehen, der süddeutsche Benni wohnt nur wenige cuadras von mir entfernt und will ebenfalls Anfang Oktober aufs Black Eyed Peas Konzert hier in Lima und die mexikanische Anahí lud uns in die 6er WG (mit einigen anderen Internationalen, hab die Namen vergessen) ein, die direkt an der Plaza San Miguel liegt. Auch wenn ich natürlich nicht vorhabe, meine Zeit hier ausschliesslich mit anderen Extranjeros zu verbringen, schadet ein wenig Kontakt zu ihnen ja auch nicht – ich bin gespannt, wer von uns weiterhin miteinander in Kontakt bleibt!

7.9.2010, Lima

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Öffentlicher Verkehr

Da ich hier ja jetzt lebe, und nicht (nur) Urlaub mache, gibt es tatsächlich einmal von letztem Wochenende nichts Spannendes zu erzählen – nein wirklich! Ich habe mich ein wenig über meinen Schnupfen geärgert (ist aber nicht schlimm), meine Demografia-Aufgabe erledigt und irgendwie einfach mal wieder entspannt (okay, Samstag war nach der langen Hochzeitsfeier erstmal lang ausschlafen angesagt, da war sowieso fast der ganze Tag weg). Es war also wirklich erstmals so, als lebe ich hier wirklich, ohne fancy-Urlaubserlebnisse, sondern ein alltägliches Wochenende. Muss natürlich auch nicht immer sein, darf aber ja auch mal. 😉 Da ich ausserdem festgestellt habe, dass ich im August durch meine Reisen viiieeel zu viel Geld verbraucht habe, ist das für mein Portmonaie auch gar nicht so schlecht.
Damit ihr euch aber nicht langweilt, gibts jetzt mal einen kleinen Guide für alle, die vielleicht mal hier vorbeischauen wollen (oder sich das besser vorstellen können wollen):

How To catch a bus in Lima
Hallenser lästern vielleicht hin und wieder gerne über die HAVAG (den halleschen Betreiber der öffentlichen Verkehrsmittel). Die waren aber in der Regel noch nicht in Lima.

CollectivosDie Busse sind hier genaugenommen nicht im eigentlichen Sinne öffentlich, sondern privat. Viele viele kleine Unternehmen betreiben mehrere Busse, die in der Grösse und Ausstattung zwischen VW-Bus aus den 70ern, altem US-Schulbus und “moderneren” Bussen variieren und meist bunt angemalt sind. Die Busse fahren stets eine Tour quer durch Lima; auf der Vorderseite finden sich meist Start- und Zielbarrio (Stadtviertel) so wie eine Liniennummer. Da gibt es allerdings seeeehr viele von, und man kann sich wahrscheinlich höchstens die Nummern merken, mit denen man regelmässig fährt (z.B. von zu Hause zur Uni). Da das alleine also nicht viel helfen würde (v.a. wenn man mal woanders hinwill), ist auf beiden Seiten eine Liste der grossen Strassen, die der Bus auf seiner Tour passiert, aufgemalt. Das sieht dann z.B. so aus:

Universitaria – Bolívar – Brasil – Grau – Abancay

Man muss also v.a. wissen, welche grosse Strasse in der Nähe des Wunschzieles liegt, und diese dann auf den Bussen suchen. Viele Strassen sind allerdings seeeeehr lang (die Universitaria dürfte über 50 cuadras (Blöcke) haben), und nicht alle Busse fahren zwangsläufig die ganze Strasse lang. Da hilft nur das Kürzel “Tdo.” (Todo=die ganze) auf der Seite vor dem Strassennamen, oder ein schnelles Nachfragen beim “Schaffner” – “Todo Bolívar?”

Die “Schaffner” üben übrigens gleich mehrere Funktionen aus. Während der Fahrer sich mal mehr, mal weniger auf den Verkehr konzentriert, steht der “Schaffner” an der Tür und schreit die Namen der angefahrenen Strassen heraus, damit die Passanten den benötigten Bus leichter finden. Erspäht er einen potentiellen Mitfahrer, klopft er zweimal auf die Busseite, damit der Fahrer anhält. Will man aussteigen, sagt man ihm z.B. “baja 15” (falls man in der 15. cuadra aussteigen will) oder “baja paradero” (bei der nächsten Haltestelle), oder auch “baja esquina” (nächste Strassenecke), oder was immer einem sonst so einfällt, was dann wiederum an den Fahrer kommuniziert wird. Irgendwann zwischendrin (spätestens beim Aussteigen) hält der Schaffner einem die mit Kleingeld gefüllte Hand schüttelnd hin, was als Hinweis zu verstehen ist, zu bezahlen – für Kurzstrecken (innerhalb der gleichen Strasse) 50 Centimo, für die meisten “normalen” Strecken S/ 1, für sehr lange zwischen S/ 1,20 und S/ 2 (Studenten mit Ausweis kriegen mit etwas Glück auf letztere Rabatt – ich habe kürzlich sogar von Barranco bis nach Jesusmaria nur 80 Centimo bezahlt). In der Regel halten die Busse überall, wo man es ihnen sagt, oder wo ein potentieller Mitfahrer steht – die Haltestellen sind nicht wirklich obligatorisch. Manche Unternehmen aber, wie z.B. die blauen Busse von “los Chinos” oder manchmal auch “Consorcio Vía” halten sich an das paradero-System und halten tatsächlich nur dort, wodurch sie natürlich schneller sind und dadurch mehr Kundschaft kriegen. Das gerade die kleinen Busse nicht sonderlich sicher sind, versteht sich von selbst – das auf die Fensterscheiben gemalte “salida de emergencia” (Notausgang) ist gerade bei den Micro-Bussen leicht lächerlich. Dass das System trotz allem funktioniert, verwundert manchmal.

Und worüber lästern wir so in Halle? An grossen Haltestellen gibt es elektronische Anzeigen mit Wartezeit in Minuten, an jeder Haltestelle einen ausführlichen Fahrplan aller Strassenbahnlinien, die nie im Stau stehen; die Bahnen sind in TÜV-geprüftem Zustand, schnell, pünktlich, zuverlässig und sogar umweltfreundlich. Okay, sie sind ein wenig teuer wenn man kein Semesterticket hat – aber wenigstens nach einem durchschaubaren System. Schaffner lassen sich recht selten blicken, wenn, dann nur zum kontrollieren der Fahrscheine (in Lima seltenst nötig). Die Bahnen kommen regelmässig, auf den wichtigsten Linien auch Nachts, und man hat fast immer einen Sitzplatz, und wenn nicht, dann meist über einen Meter Platz um sich (in Lima kann das schon mal bei einem Zentimeter liegen).

Aber die Limeños sind sich der Situation durchaus bewusst – noch vor wenigen Jahren gab es nicht mal Haltestellen, und die Busunternehmen müssen mittlerweile Fahrscheine ausstellen (was nicht alle tun). Seit allerkürzestem gibt es sogar den Metropolitano, einen modernen Zieharmonika-Bus, der durch das Zentrum, Miraflores, San Isidro und Barranco fährt (in Zukunft wird die Strecke noch nach Norden ausgeweitet) und dessen Haltestellen mittelweit entfernt sind (sehr praktisch für die langen Entfernungen), einem festen Fahrplan und einer eigenen Fahrspur für 75 Centimo – das ist geradezu revolutionär! (Ich bin noch nicht mit gefahren, kann also leider sonst noch nichts dazu sagen.) Die Micros, collectivos und sonstigen carros wird das wohl nicht verschwinden lassen, sie werden wohl maximal langfristig ihre Routen anpassen müssen – der Unterschied zwischen Lima und Halle wird also wohl erstmal bestehen bleiben… denn sonst würde sich vielleicht eine Fahrt in Halles Strassenbahnen so anhören:

“Grosse Ulli grosse Ulli grosse Ulli Steinstraaaasse! Steinstraaaasse! Grosse Ulli grosse Ulli! LuWu Steinstraaaasse! Zusteigen zusteigen zusteigen!” – “Steintor?” – “Ja ja Steintor, zusteigen zusteigen! Grosse Ulli grosse Ulli Steinstraaasse!” – Huuup (damit der Fussgänger schneller über die Strasse geht) “Halt Joliot Curie!” – “Halt am Joliot Curie!!!” Huuuup (damit der Stau vor der Bahn sich auflöst)”Steeeeeeinstraasse Steinstrasse LuWU!” Klopf Klopf! (damit die Bahn hält) – “Ganze LuWu?!” – “ganze LuWu ganze LuWu” – “Wasserturm?” – “Nee nee!” – Huuuuuuup Huup (damit endlich weitergefahren wird und weil es zur Reggaetonmusik passte) Quiiiietsch… “Steintor raus raus raus raus! Ganze LuWu LuWu LuWu Reileeeeeck!!!” …

Ach, und noch was, für alle, die in Spanien Spanisch gelernt haben: man sagt hier nicht “voy a coger un autobús”, wenn man mit dem Bus wohin fahren will, sondern “tomar un autobús”. coger ist hier ähnlich vulgär und bedeutungsgleich mit “ficken”… es lohnt sich also, auf seine Wortwahl zu achten. Sonst ist der Titel “Öffentlicher Verkehr” unter Umständen schnell auch anders zu verstehen.

6.9.2010, Lima

Anmerkung: Mittlerweile ist wieder ein bisschen was passiert: gibts im nächsten Beitrag!

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Hochzeit

Toll – da hab ich extra mein schickes Hemd mit, aber keine dazu passende Hose. Noch toller: das fällt mir erst jetzt ein. In Ermangelung von Zeit (und Lust) also zu Tottus (so ähnlich wie Wal-Mart, nur billiger) und ‘ne recht schicke Stoffhose gekauft. Mit einem Choripan (Brot mit Chorizo-Wurst) auf die Hand schnell zur Uni, wo ich um 3:00 Sociologia de la cultura haben soll. (Ja, ich bin sehr spät aufgestanden.) Und was ist der Lohn dafür, extra dort hinzuwetzen? Richtig, ich bin wieder der einzige Depp vorm leeren Raum. Ich krieg echt zuviel! Werde die Klasse dann wohl eher nicht belegen und was anderes raussuchen, wenn noch möglich – darauf hab ich ja echt keinen Bock mehr. Zufällig traf ich noch Sergio aus der Demografia-clase und wir unterhielten und ein wenig, unter anderem über “Poesia en el Parque” – er spielt Gitarre und wir haben überlegt, mal ein bisschen was zusammen zu machen und ‘ne kleine Gedicht-plus-Gitarre-Session zu machen. Schwer gespannt wie das wird.
Dann ging es in Richtung Puente Piedra zu den Vilcas, con wo aus wir (natürlich zu spät) uns (und jetzt kommt der Grund für meinen Hosenkauf: ) zur Hochzeit von Kattys Madrina (Patentante) aufmachten – zu der ich von meiner familia limeña favorida mit eingeladen worden war. Hier also eine knappe Beschreibung:
Es wird eigentlich die ganze Zeit getanzt. Nachdem das Hochzeitspaar den Tanz eröffnet hat, werden die Geschenke tanzend übergeben (nachdem vorher natürlich ein bisschen getanzt wurde), es wird getanzt, während die anderen mit dem Teller auf dem Schoss sitzend Abendessen, wird getanzt, bis sich um 5 der Saal langsam leert. Am Anfang gab es etwas Fingerfood auf die Hand, nachher wie gesagt nur einen Teller Huhn, Papa (Kartoffel) und Reis, nada mas – was angesichts des ja eigentlich billigen Essens in Peru und der Erwartung eines reichhaltigen Hochzeitsmahls irgendwie irritierend war. Getränke gab´s ausser dem Sekt zu Anfang nur zusätzlich bei den Gastronomieleuten vom Veranstaltungsort zu kaufen (hauptsächlich Bier, das dann als Flasche rumgereicht wird und aus einem Plastikbecher getrunken wird). Eine Mariachi-band mit vielen lauten Saxophonisten spielte ständig den gleichen Song, abwechselnd mit Salsamusik aus der Anlage (zu der natürlich ebenfalls getanzt wurde). Die längste Unterhaltung dauerte etwa 10 Minuten. Auch wenn sich das wirklich nicht spektakulär anhört (und auch nicht war), war es trotzdem ganz lustig und die (wenigen) Unterhaltungen mit den Anwesenden waren auch ganz nett – und wir haben uns definitiv totgetanzt und haben heute entsprechend lang geschlafen. Ein bisschen hat mir aber dann doch ein Buffet und Getränke gefehlt – und die Torte stand auch nur zum Anschauen da, so dass ich erst später Begriff, dass sie tatsächlich echt und nicht nur Dekoration war. Schlussfolgerung: mal dabei sein, auf jeden Fall. Wenn man aber selbst heiraten will, und dabei nichts dagegen hat, satt zu werden, wäre eine deutsche Hochzeit auch nicht so schlecht 😉

4.9.2010, Lima

PS: An die, die meine Telefonnummer haben: aufgrund einer Änderung des Systems hier ist jetzt nicht mehr die Vorwahl für Arequipa nötig!

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Umzug nach Jesúsmaría

Von heute an wohne ich im urbanen Jesúsmaría in der Calle Nicaragua, sehe aus meinem Fenster im 5. Stock direkt auf die Avenida San Felipe und wohne mit Angela Cisnero, einer peruanischen Gastronomiestudentin, in einem angenehmen Appartment mit mehr als genug Platz und ohne nervige Regeln.
Nach meiner Demografia-clase gestern packte ich mein Zeug zusammen und liess Rosanna das Zimmer inspizieren. Bei der Gelegenheit erklärte ich ihr auch gleich noch meine Unzufriedenheit als primären Auszugsgrund, liess mich jedoch nicht auf eine Diskussion ein – den Stress wollte ich mir echt nicht geben, einen Tag vor meinem Auszug hatte ich wirklich besseres zu tun.
Heute früh um 8 ging es dann erstmal zu “Procesos sociales y politicos en Latino America”, was sogar stattfand, und für eine 4.-Semester-Veranstaltung gar nicht so schlecht war. (Mehr dazu später mal.) Ich ging ein bisschen früher, da Angela nach 10:30 selbst Unterricht hatte und ich mich entsprechend beeilen musste, um meinen Rucksack aus der Seoane abzuholen, in ein Taxi zu packen und nach Jesúsmaría zu düsen. Inzwischen habe ich mich wohnlich eingerichtet, meine Schlüssel bekommen und im PlazaVea ne Menge Lebensmittel für insgesamt S/ 70 eingekauft (dafür natürlich deutlich mehr bekommen als für das Euro-Äquivalent in Dtl.) – jetzt wo ich mich ja wieder selbstständig ernähre…
Den Rest des Tages streunerte ich ein wenig durchs barrio um mich zurechtzufinden und verbrachte wohl den ersten Abend in Peru einfach mal nur zu Hause (was meine neue Wohnung sicherlich mehr ist, als das “Studentenhaus”) einen Film ansehend. …wow, schon seltsam, sonst war wirklich immer irgendwas am Start, oder früh ins Bett gehen aus irgendeinem Grund angesagt…

1.9.2010, Lima (Jesúsmaría)

Mein erster Tag in Lima wohnend
Heute dann gleich mal gut gefühlt, so in seiner WG aufzuwachen. Warmes Wasser hab ich auch, jeden morgen kommt ein Brötchenmann hier vorbei und ich genoss ein ausgiebiges Frühstück während ich mich mit Angela unterhielt. Schon krass, was so ein Zimmer ausmachen kann, ich fühlte mich plötzlich richtig entspannt. Bin eben doch der WG-Typ. 🙂
Den Vormittag machte ich mich wieder auf Erkundungstour und entdeckte einige hübsche Parks (leider nicht direkt um die Ecke, aber auch nicht wirklich super weit weg), die ich sicher noch das ein oder andere Mal aufsuchen werde. Einen micro zur Uni fand ich auch recht schnell und kam mal wieder pünktlich zur zu spät anfangenden Demografia-klasse an. Immerhin gabs da zum ersten Mal ne einigermassen ernstzunehmende Aufgabe und ich werde jetzt mit Sergio in Gruppenarbeit die demographischen Alterspyramide von Pueblo Libre mit Halle Zentrum vergleichen 😉
Unterdessen schrieb mir Joel, ein Freund einer guten Bekannten von mir per SMS, er sei grade cerca der Uni, ob wir uns nicht dort treffen wollten und was essen gehen (hatten schon seit einiger Zeit geschrieben, uns doch mal zu treffen). Ich erkannte ihn erst nicht, weil ich nicht damit gerechnet hatte, dass er doch schon etwas älter ist, arbeitet bei BASF und war mit dem Auto (nem dicken PickUp) da. Innerlich zögerte ich erst, ins Auto einzusteigen, aber andererseits sprach seine Freundschaft zu meiner Bekannten für ihn, sie hätte mir schliesslich sonst nicht den Kontakt vermittelt. Wir assen in einer ChiFa und unterhielten uns ein wenig über peruanische Politik (natürlich korrupt), die anfallenden alcaldía-Wahlen (zu denen er nicht da ist und deshalb Strafe zahlen muss weil es hier Wahlpflicht gibt) und seinen kommenden Aufenthalt in der Schweiz und in Deutschland zum Oktoberfest (ja wirklich… 😉 er fährt für BASF nach Zürich, und wenn man schon mal im Oktober so nahe ist…). Und meine Befürchtung bestätigte er: es scheint ausser dem “Comercio” keine ernstzunehmende Zeitung hier zu geben. Da kann man über unsere Vielfalt in Deutschland schon ein bisschen froh sein.

2.9.2010, Lima

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Useless Lonely Planet / Por dedo

Useless Lonely Planet
Zum ersten Mal bin ich in einer Stadt, in der mein bis jetzt ausserordentlich nützlicher Lonely Planet absolut nutzlos ist: Chancay. Selbst Wikipedia hat da keinen Eintrag zu. Im Lonely Planet-Register findet sich nur die “Chancay-Kultur” (in einer Auflistung über präinka-Kulturen), ansonsten taucht der Ort nur auf der Uebersichtskarte über die Nordküste als kleiner Punkt auf – nada mas. Entsprechend wenig Ausländer finden sich in diesem Städchen 80 Kilometer nördlich von Lima (etwa 1 1/2 Stunden per Bus) – dafür scheint es umso mehr inländischen Tourismus zu geben, da wir ganze sechs Hostals aufsuchen mussten bis wir ein (erschwingliches) mit freiem Zimmer fanden.
Nach einem leckeren Frühstück bei den Vilcas gestern morgen machten wir uns natürlich später als geplant los zum Terminal Terrestre – das gibt es inzwischen nämlich selbst in Lima ;), an der Plaza Norte und entsprechend in der Nähe zum Hause der Vilcas in Puente Piedra. Nach einigen merkwürdigen Kommunikationsschwierigkeiten mit den Schalterleuten bei Z-Bus kauften wir für je S/ 6,50 ein Ticket nach Chancay und warteten eine halbe Stunde am modernen Terminal – nur die tolle elektronische Anzeige nutzte wenig (stand erst auf 12:30 und als der Bus dann nicht kam, einfach auf 12:45… Abfahrt war um 13:00). Wir erwischten die zwei letzten Plätze während die entsprechend lange Schlange hinter uns auf den nächsten Bus warten musste und kamen am frühen Nachmittag in Huancay an – der Endstation. Von hier aus müssten wir, wie uns der Busfahrer sagte, ein collectivo nach Chancay nehmen, es dauere nur 10 Minuten. Z-Bus fahre da nicht hin. Es waren zwar wirklich nur 10 Minuten, wir fühlten uns aber trotzdem verarscht – v.a. als ich später in Chancay ein Z-Bus-Terminal sah. Cabrones.
Strand von ChancayVon der schicken Plaza aus gings zum Castillo de Chancay, wo wir einen Platz zum Picknicken vermuteten – das touristische Pseudocastel kostet aber S/ 10 Eintritt, und den konnten wir uns zum Picknicken nun wirklich sparen. Am echt mit herrlicher Aussicht gesegneten Hafen breiteten wir unsere Decke am Strand aus und leerten unseren Rucksack begleitet von lautem Meeresrauschen und Vögelkreischen. Ich glaub, ich versteh schon, warum die Limeños hierher zum Entspannen kommen.

30.8.2010, Chancay

Por dedo
Lastwagenfahrer sind tolle Menschen. Ich glaube, wenn ich gross bin, werd ich auch mal Lasterfahrer :). Gestern früh in Chancay aufgewacht, ging es per Micro nach Huanca und von dort per Bus zur Reserva Nacional. Das Castillo sparten wir uns weiterhin, weil da ausser kommerziellen Restaurants, Läden und Clubs nichts sehenswertes zu sein schien. Irgendwo mitten in der Wüste an der Panamericana liess uns der Busfahrer dann raus, mit dem Hinweis, die Reserva sei “caminando por la derecha” (nach rechts wandern). Da standen wir nun in der Wüste und fragten uns, wo hier ein sehenswerter Nationalpark sein sollte, folgten aber der Wegbeschreibung. Als wir auf der staubigen Strasse ein kleines Auto in unsere Richtung kommen sahen, hielten wir testweise den Daumen raus – und hatten Glück. Der Schönheitschirurg aus Lima mit seiner mexikanischen Frau nahmen uns nicht nur bis zum Eingang mit, sondern gleich zum Beginn des Rundgangs, und schlugen vor, uns wieder mit zurück zu nehmen, wenn wir in einer Stunde wieder da wären. Während wir über den ersten Hügel fuhren, änderte sich die Landschaft rapide – die klare Sicht wurde zum nebeldurchtränkten Tal, die Wüste zur von grüner Vegetation überzogenen Landschaft. Ich in der Reserva NacionalWährend wir von zahlreichem Vogelzwitschern begleitet durch die vernebelten Hügel wanderten und unsere mitgebrachten Früchte verzehrten, passierten wir totenkopf-ähnelnde Felsen und fantastisch obskur-verkrümmte Bäume. Es war den Besuch absolut wert gewesen. Als wir in Richtung des Parkplatzes zurückkehrten, stellten wir fest, dass die Stunde längst vorbei war. Nicht mehr mit unserem Ride rechnend, schlenderten wir den Hügel runter, bis wir das gelbe Auto langsam hinter dem Haus hervorkommen sahen – und rannten natürlich schnell los, was sie tollerweise bemerkten und auf uns warteten, so dass wir doch noch zügig zur Panamericana zurück kamen. Von dort aus wollten wir nun weiter nach Huancho, das etwa weitere 40 km weiter nördlich liegt. Mit viel Glück reagierte noch vor dem amanecer ein wahnsinnig netter Lasterfahrer auf unseren Daumen, ermahnte uns, dass das doch gefährlich sei, und nahm uns bis zu unserem Wunschziel mit. Während wir uns angeregt mit ihm unterhielten, konnten wir durch das Lastwagenfenster- Panorama die Aussicht auf die nächtliche Panam in der Wüste geniessen, während vor jedem Hügel die entgegenkommenden Scheinwerfer die Strasse in diffuses Licht hüllten. Nach etwas längerer Suche fanden wir ein Hostal (das einzige) direkt am Meer, wo wir dank unserer späten Ankunft für nur S/ 20 eine Suite mit Meerblick ergatterten. Nach Chifa-Abendessen in der Stadt konnten wir so in gemütlichen Sesseln mit Meerblick unseren Rotwein trinken und uns bis spät in die Nacht unterhalten.
Nach einem guten Frühstück und einem Geburtstagsanruf bei meiner Ma entschieden wir uns dann dank der guten Erfahrung, wieder per dedo zurück nach Lima zu reisen. Und wieder hatten wir nach nur 15 Minuten Glück mit einem Lasterfahrer, der uns bis an den Rand Limas mitnahm, von wo aus wir dann mit dem Los-Chinos – Stadtbus ins Zentrum kamen. Unterwegs spendierte er uns gar noch ein paar Früchte und erzählte von seinen Erlebnissen in Japan.
Noch am gleichen Abend hatte ich dann wieder “Demografia Social”, und konnte mich ein wenig mit Sergio unterhalten, da der Kurs natürlich wieder bedeutend später anfing. Ob ich mich daran wohl noch gewöhnen werde, oder immer als doofer Deutscher pünktlich zur ausgeschriebenen Zeit da bin?

31.8.2010, Lima

Anmerkung: Alle Fotos von diesem Trip gibts hier: http://rapidshare.com/files/416483858/Fotos_Chancay_Huancho.zip (bitte gebt mir Bescheid wenns bei einem geklappt hat und hebt sie für mich auf!)

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Handychaos / Poesia en el Parque

Handychaos
Jetzt habe ich ja wieder ein Handy, (nachdem ich mein erstes auf der letzten Reise verloren zu haben scheine…), also wollte ich es schnell mal mit S/ 10 aufladen. Karte geholt, *778 zum Aufladen gewählt, besetzt. Besetzt? Ja, besetzt! Supermegaklasse. Mit Hilfe von Pilar (Rosannas Schwester) den Kundenservice angerufen (123, die einzige Nummer die immer klappt), die mir zwar sagen konnten, wie ichs aufladen kann (geht nämlich bei Claro auch per Direkteingabe… für alle zukünftigen Perureisenden: *778#Geheimnummer# und Telefon. geht schneller 😉 ), aber leider kann ich noch immer in keine Leitung und konnte nirgendwo anrufen. Nächster Tipp war “SIM-Karte rausnehmen und wieder reintun” (hat natürlich nicht geholfen) und mir eine Reklamationsnummer zu geben mit der ich es in 4 Tagen noch mal versuchen könne. Mistverein. Naja, erstmal mit abgefunden, dass ich mit dem Ding wohl nur Anrufe entgegennehmen kann. Ein zugegebenerweise nur halbwegs geplantes Skype-gespräch mit meinem Paps wurde dann auch nichts und ich fühlte mich telekommunikativ gesehen ein bisschen doof 😉
Dafür gehts meinem Magen mittlerweile wieder besser. Gestern auch wieder in der Uni gewesen (Demografia social, immer noch einfach) und abends mit Katty ins Kino gegangen. Nachdem sie natürlich zu spät war, stellte ich beim Versuch, sie anzurufen, fest, dass mein Handy plötzlich einfach doch klappt. Ein Problem weniger.
Heute dann nach knapper, aber gerade noch pünktlicher Fahrt zur Uni, wo ich laut Horario um 3:00 PM Sociologia de la cultura hätte – keiner da. 20 Minuten gewartet, dann echt keinen Bock mehr gehabt. Findet in dieser Uni überhaupt irgendwas statt?! Wir haben jetzt Ende August und ich hatte bisher nur 2 (!) eher wenig produktive Klassen! Hätte ich das gewusst, hätte ich auf das teure Apartment hier im August verzichten können, gleich erst ab September in die Wohnung einziehen und den ganzen August reisen können! (und wäre durch die gesparten 750 Soles kaum teurer dran gewesen). So ein Scheiss. Aber hätte, hätte, Fahrradkette, wie Torben so schön sagt. …nicht dass es mich stört, die Zeit des Unterrichts frei zu haben – es stört, so was nicht vorher zu wissen. Vaya. Was solls.

27.8.2010, Lima

Poesia en el Parque
Um mir abends nach dem unnützen Tag mal ein bisschen mehr die Stadt anzusehen, ging es nach Miraflores. In Richtung des Parque Kennedys schlendernd traf ich im Parque Central auf eine Menschenmenge um einen kleinen, aulamässig abgesenkten Platz, in dessen Mitte ein mit Mikrofon ausgestatteter Herr dem Publikum ein Gedicht vortrug… ein Blick reichte, und ich war gefesselt, reihte mich in die Gruppe der Zuhörer ein und lauschte den Texten verschiedener Dichter: meine Augen leuchteten und ich muss übers ganze Gesicht gegrinst haben, dass man mich für die Grinsekatze von “Alice” hätte halten können. Wie sich herausstellte (ich unterhielt mich anschliessend mit dem Moderator) findet diese “Poesia en el Parque” jeden Freitag hier von 7-8 Uhr statt, jeder kann sich am selben Abend vorher in eine Liste eintragen und präsentiert seine Texte – ohne den gewohnten Poetry-Slam-Kontext natürlich, sondern mehr als Lesebühne, und mit einem etwas höheren Publikums-Altersdurchschnitt, aber ebenso mit Begeisterung und Leidenschaft und Applaus und Poesie und Reim und Inhalt und der Liebe zum Wort… jetzt kann ich mir hier echt heimisch fühlen. Ich habe schon angefangen, meinen Text “Ich hasse” (mein erster richtiger Slamtext übers Fernsehen) zu übersetzen um ihn dann hier zweisprachig vorzutragen und kann es kaum erwarten – ich brauche es eben doch einfach, das Mikro, das Publikum… und noch viel mehr den Ansporn zum Schreiben!
Auf der Taxifahrt nach Pueblo Libre zurück (nach ein bisschen Nachtleben durchschwärmen in Miraflores) unterhielt ich mich mit dem Fahrer, dessen Neffe auch Gedichte schreibt und der ausserdem schonmal in Deutschland war, über Poesie und die deutsche Mentalität. Erst nach 12 angekommen musste ich feststellen, dass die hier in meiner Unterkunft tatsächlich noch ein weiteres Schloss an der Haustür benutzen, dessen Schlüssel ich nicht habe, sodass Pilar extra aufmachen musste (k.A. wie sie mich so leicht gehört hat…) – jetzt weiss ich auch warum die Regel “vor 12 zuhause” existiert… das ist ja schon irgendwie ätzend, hab schliesslich vor, noch das ein oder andere Mal abends auszugehen. Gut, dass ich ausziehe.
Heute ging es dann nach ein wenig überfälligem Wäschewaschen in den mit Katty in den Parque de la Leyendas. Der ist aber weniger poetisch als sein Name – im Grund eigentlich ein Zoo, einfach ein wenig auf die drei Landeszonen bezogen. Mit 10 Soles ausserdem lächerlich überteuert. Dafür trumpft er wenigstens mit Quantität und ist einfach riesig. Wir brauchten bis zum frühen Abend, bis der Park schliesslich schloss.
Da wir morgen von ihr aus nach Chancay fahren wollten, wollte ich anschliessend nur ein paar Sachen aus meinem Zimmer holen – da man einen Gast nun mal abends nicht draussen vor der Tür warten lässt, bat ich sie, in der Küche zu warten. Ich war kaum die Treppe hoch, da hielt mich Rosanna auf und fragte, ob ich wen mitgebracht hätte (was die Hausregeln nicht erlauben). Ich erklärte die Situation unter dem Aspekt, dass ich nur 2 Minuten meine Sachen holen würde, aber siue bestand darauf, dass ich erst runter ging, sie rauswarf und dann erst mein Zeug holte. Engstirnig. Als ich beim endgültigen rausgehen wortlos die Schlüssel auf den Tisch legte verlangte sie gar noch, ich könne mich ja auch noch richtig verabschieden. “vaza, hasta luego, me voy” sagte ich deutlich angepisst und machte mich davon. Dass die Regeln bis zur kleinkarierten Unhöflichkeit gingen war schlimm genug – mich wie ein unmündiges Familienmitglied zu behandeln, dass sie nicht ordentlich verabschiedet hatte, ging zu weit. Bin wirklich froh, hier bald auszuziehen – ich unterwerf mich doch keinen Regeln, die sich keine Familie (erst recht nicht meine) trauen würde, so durchzusetzen und lass mich dann für einen erwachsenen Studenten völlig unpassend behandeln, wenn ich nicht mal in einer Familie lebe, sondern dafür bezahle wie in einem Hotel. Also an alle potentiell interessierten – das “Boarding House” von Rosanna Paz in der Seoane 272 ist nur was für Studenten, die nicht vorhaben, mal mit nem Freund vorbeizuschauen oder abends wegzugehen. Alle anderen sind selbst in nem Hostel besser aufgehoben.

28.8.2010, Lima

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El pueblo libre y la demografia

Da mein Unterricht heute ja erst nachmittags stattfand, hatte ich nach dem Aufstehen den ganzen Tag über Zeit und entschloss mich, ein wenig mein barrio zu erkunden, so lange ich noch hier wohne. Also Stadtplan und Torbens Walkman eingepackt und los in Richtung La Mar. Die nächsten fünf Stunden legte ich einen beachtlichen Weg durch Pueblo Libre und San Miguel zurück, bis zum Meer, zurück zur Plaza San Miguel und wieder zur casa. Mit Torbens Mail aus Cuba und der dort auffälligen Propaganda im Kopf fielen mir hier besonders die Wahlwerbungen auf, die wirklich an jeder Ecke hängen, da bald Bürgermeisterwahlen sind. Unglaublich viele alcaldes werben mit ihren Gesichtern, dem Namen und/oder dem Parteisymbol (welches man hier dann bei der Wahl ankreuzt) um die Stimmen – erstaunlich selten jedoch damit, wofür sie stehen, oder was sie denn als alcalde so tun wollen. Man wählt also einfach den, der am sympathischsten aussieht, oder dessen Namen man am häufigsten auf Wänden gelesen hat (das wäre dann wohl Lourdes) – so kann Demokratie doch nicht richtig funktionieren… und dann beschweren sich alle über die Korruption. Obwohl: wird in Deutschland denn so viel mehr nach anderen, rationalen Kriterien gewählt?…

Abends ging es dann zur Uni, wo ich erstmal wieder vor einer leeren aula sass. Ich befürchtete schon, wieder umsonst hergekommen zu sein, und das meine Klassen nie anfangen. Es kam aber schliesslich ein Kommilitone, mit dem ich mich unterhielt, und der meinte, heute würde das Seminar sicher stattfinden – sonst wäre ich vielleicht schon wieder gegangen. Circa 30 Minuten später kam dann Professor Max Menesis Rivas, und auch die anderen Kommilitonen trudelten langsam ein. Die Veranstaltung selbst war natürlich noch eine einleitende Organisationsstunde ohne grossen Inhalt, aber es erschien mir doch bastaaaante einfach für eine 8.-Semester-Veranstaltung: das meiste des thematisch angesetzten hatte ich nin Halle schon im 2. und 3. Semester. Nun ja, abwarten, vielleicht unterschätze ich es ja auch. Aber wenn das so bleibt, werde ich wohl selbst dann keine Probleme haben, wenn ich hier das ein oder andere mal fehle…

24.8.2010, Lima

Blick auf den blauen Himmel aus dem Bett
Früh aufgestanden, um zu meiner 8:05-Veranstaltung zu gehen, bemerkte ich schon schnell ein starkes Unwohlsein in der Magengegend – das musste ja früher oder später kommen. Schon auf dem Weg zur Bolívar plagten mich die Bauchschmerzen so sehr, dass ich die Veranstaltung kurzerhand ausfallen liess und umkehrte – also schon wieder kein Unterricht heute. (Nadja erzählte mir später, dass es auch nur organisatorisch gewesen war, sowie dass die Klasse am Freitag ausfallen würde, weil der Prof da aus irgendeinem Grund eine Doppelbelegung hat). Bis zum späten Nachmittag verbrachte ich also den Tag mit Bauchschmerzen und Durchfall im Bett und sah nur aus dem Fenster, dass ich einen der wenigen Tage in Lima mit blauem Himmel verpasste. Sehr ärgerlich. Ich hoffe, das wird mir nicht allzu oft hier so gehen, vor allem nicht in dem Ausmass… vielleicht sollte ich weniger en la calle essen…

25.8.2010, Lima

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Flugzeuge im Bauch und das Gewissen / Die Vögel

Flugzeuge im Bauch und das Gewissen
Cesna für den Linien-Flug in NazcaIn meinem Magen scheinen 10 der Cesnas umherzudüsen, in einer von denen ich eben noch gesessen habe. Die Hitze und die zahllosen Kurven brachten mich wirklich so kurz davor, die kleine Tüte vor mir zu benutzen, dass ich mich fragte, ob die ausreichen würde. Aber der Reihe nach.
Nachdem ich gestern Abend in Nazca angekommen war und mich über den Flores-Bus aufgeregt hatte (der in nervtötender Lautstärke Reggaeton-Musikvideos gespielt hatte), suchte und fand ich ein Hotel direkt an der Plaza (wieder mal dramatisch runtergehandelt). Heute wollte ich dann schliesslich die Linien sehen, für die ich hergekommen war. Die Linien sind riesige, teils kilometergrosse, in den Sand gemalte Figuren, die Rillen meist nur fingerbreit, wahrscheinlich aus religiösen Gründen von den Nazca vor mehreren hundert Jahren in die Wüste geritzt. Leider kann und darf man sie nicht vom Boden aus sehen und so musste ich mich wohl oder übel auf den Flug einlassen. Ausblick auf die Linien-Figur KolibriDer war zwar vor Ort am Terminal gekauft billiger als in Nazca selbst, mit $65 aber immer noch viel zu teuer. Zusätzlich zum schlechten ökologischen Gewissen nach so einem Flug kam dann massives mal-estar, so dass es sich ehrlich gesagt nur geringfügig gelohnt hat – auch wenn der Blick auf die Linien natürlich fantastisch ist und man ganz schön beeindruckt ist – aber richtig geniessen kann man es nicht. So blieb dann in Nazca zurückgekommen weder viel Geld, noch Lust, die Museen zu besuchen, und so ging es dann am Nachmittag zurück in Richtung Paracas, um morgen endlich die Islas Ballestas zu sehen.

22.8.2010, Nazca

Rendezvouz mit der weissen Wand II oder “Die Vögel”
VogelparadiesDer weisse Nebel geht fliessend ins Meer zu meiner Rechten über und nur zwei steinerne Inseln schwimmen am Horizont. über mir fliegen tausende Vögel in Richtung Islas Ballestas. Por fin sitze ich auf dem Boot in Richtung der Inseln, nachdem es heute früh zur letzten Minute für S/ 25 auf das Boot ging. (Am 1. Tag in Paracas hatte ich ein Hostel gefunden, das uns zusätzlich für S/ 30 (der Normalpreis) die Tour anbot. Auf Nachfrage, ob er das nicht billiger machen könne wenn man beides nimmt, meinte er, wenn ich das Zimmer nicht nähme, könne er die Tour für S/ 25 anbieten – bis jetzt nicht verstanden, aber natürlich heute ausgenutzt…). Im Wahnsinnstempo düsen wir nun an der mysteriösen Candelera-Felszeichnung vorbei zu den Inseln, die ohne Übertreibung von oben bis unten mit Vögel und deren Kot bedeckt ist. Islas BallestasEin paar wenige Menschen üben hier im wahrsten Sinne des Wortes einen Scheiss-Job aus und sammeln das Zeug, das als Dünger in die ganze Welt verkauft wird. Bevor in Leuna bei Halle an der Saale der Kunstdünger entwickelt wurde, hatte der Guano Peru eine Menge Geld eingebracht…
Ausserdem finden sich hier (neben dem Guano-Vogel) der nach der Meeresströmung benannte Humboldt-Pinguin und viele lobos maritimos (Seehunde). Nach zwei schaukelnden Stunden und dem Beobachten einiger Delphine auf dem Rückweg betraten wir wieder festen Boden.
Jetzt sitze ich im Bus auf der Rückfahrt nach Lima, nachdem ich Land, Luft und Meer bereist habe und viel gesehen und erlebt habe. Morgen gehen dann meine Klassen in Lima los und ich komme wieder ein wenig ins universitäre Leben – wie das hier aussieht, seht ihr dann hoffentlich bald hier! 😉

23.8.2010, Paracas