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Naive Metapoesien der Einsamkeit Texte

Zwischen Ruinen

Ich finde das schön. Ich mag die Ruinen.
Verfallene Mauern, überwachsene Schienen
Bröckelnder Putz und knarzende Dielen
Kaputtes Gebäude, nur eines von vielen
Ich finde das schön. 
Komme ich in neue Städte, meide ich die Shopping-Meilen
Will nicht eine Minute in Palästen verweilen
Ich flüchte den Neubauten und schicken Cafés
Den Glanz-Opernhäusern und den Chansonniers
Ich suche den Dreck und vom Alter Zerstörtes
Ich lausch‘ dem Verfall und entdeck Unerhörtes
Häuser, wo Gespenster waren
Abblätternde Fensterrahmen
Wo der Staub unter den Sohlen klebt und Ratten ihr Revier markiern
Wo Spinnen Backsteinecken nur noch nach ihrer Manier verziern
Verführerischer Mangel, dank Schutt auf dem Boden
Türen ohne Angel schon kaputt und verzogen
Abgestürzte Kronleuchter, die längst nicht mehr halten
Eingefall’ne Decken unter morschen Dachbalken
Dort eine Glühbirne, kalt und zerbrochen

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Fast wahre Großstadtmärchen Texte

Weltraum-Tierärzte

Das ist Jonas; neun Jahre, schwarzes Haar und kluger Blick
Wenn er bastelt, merkt man schnell, die kleinen Hände sind geschickt
Leichte Fehlsicht, daher Brille, doch sein Mund kompensiert
Wenn er redet, denkt er schneller, und ist hochkonzentriert
Wenn er sich vermalt, winkt er ab, sagt „am Papier lags“
Mag Eisbär’n und Astronauten, wird mal Weltraum-Tierarzt
Denn zuhause kriegt er alles, was er noch zum Lernen braucht
Ist er neugierig, erklärt man ihm Physik und fernen Brauch
Nachmittag im Zoo, Geburtstag im Planetarium
Jahre später geht er auf das Nachbarstadtgymnasium
War zwar nie der beste Schüler, doch er kann den Stoff kapieren
Ein paar Nachhilfestunden, und es reicht um zu studieren
Geschickt und kann gut reden, und auch ausreichend gescheit
Das ist Jonas, zwanzig Jahre, und der Zukunft wohlgeneigt

Drei Kilometer entfernt:

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Fast wahre Großstadtmärchen Texte

Brückentanz

Lucí tanzt über Brücken,
so als gäbe es den Regen nicht Weil von jenseits ihrer Zehen
Licht von unterhalb der Wege bricht Wo ihre Haut Asphalt berührt,
wächst Persischer Ehrenpreis
Und wenn ihr Blick gen Ferne schweift,
gibt er dir keine Schwere preis
Sie hat das Glück gefressen, Welt vergessen,
tanzt die Angst in ihren Schatten
Und sich selbst von dannen Foxtrott mit den Rotwildhunden,
Rumba mit den Ratten
Und Lucí, die steht in Flammen

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Fast wahre Großstadtmärchen Ton und Bild

Straßenmusik Video

Ich habe da kürzlich nochmal einen Text hervorgeholt, den ich selbst schon fast vergessen hatte. Aber ich mag ihn immer noch:

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Englisch Naive Metapoesien der Einsamkeit Texte

Finisterra

 

When I left I fell asleep and no one turned the light back on
Set off to walk 600 miles on the day the night begun
Sorpresa took my hand, while we walked across the Land
through the sand of Donostia, understand now what she meant
Leave your plans out, stand out, take the extra route
Accept what’s coming forward, set your inner guide on mute
The days smelled like black berries the nights sounded like waves
as we climbed the cliffs of coastlines and discovered empty caves
The brushing sound of bagpipes in our backpacks and some blisters in our boots
The roots on the road. Loose shoes and a coat
The mood’s on our hope thanks to food from a bloke.
The late days of summer were the last days of spring
Surprise was a fling that the basque mountains could bring

When in 60 naps a million steps a hundred different faces
From mountain tops to fountain shops through arrowpointed mazes
I arrived at the end of the world in misty weather
The seashore shines golden and red in Finisterra

 

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Fabeln vergangener Kalenderblätter Ton und Bild

Video: Rauchpartikel

Die wunderbare Wort-Akkord Band hat musikalisch meinen Text “Rauchpartikel” mit Cello, Gitarre und Keyboard unterlegt:

Und, wer das Ganze in besserer Aufnahme-Qualität, dafür ohne Musik hören möchte:

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Englisch Naive Metapoesien der Einsamkeit Ton und Bild

Video: Echo

Aus meiner Zeit in Oslo: “Echo”, begleitet von der Live-Impro Band des Osloer Poetry Slams.

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Fabeln vergangener Kalenderblätter Texte

Rauchpartikel | Dies Mori

Der Morgen glänzte orange auf meinem Küchenparkett
Und wie im Traum hab ich den Tisch gekocht und Kaffee gedeckt
Es war ein Tag wie jeder Andre in meiner Stadt und auf dem Lande
Nur das er sich nicht länger unter meiner Decke versteckt
Am Weg zur U-bahn hab ich zwei Bettlern zehn Euro zugesteckt
Und ich war immer noch nicht arm
Aber die Straße dafür warm
Und in der Bahn da saß ein Kind und zählte Regentropfen weg
Von einer Scheibe an der sie zuvor nicht da waren.

Es war der Tag an dem ich meine eigene Nichtigkeit erkannte
Und der Himmel brannte. Brannte in Orange und rot
Weil die Sonne dort in tausend kleinen Rauchpartikeln tobte
Und uns ein CO2-Naturspektakel bot.

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Naive Metapoesien der Einsamkeit Texte

Vom Dunst nicht vorhandener Schallwellen

Die Luft zwischen uns ist fade
Fadenhaft wie Spinnweben
Fabelhaft zum Sinn geben
Bloß die Schallwellen hier klingen vage
Zwischen uns lagen Jahre
Blauer Dunst,  Farbe Jade
Was wir sagen misst Substanz… Tanz…
Tanzend misst du was du kannst
Und es sind nur… Hundert Zentimeter – zwischen uns…

Doch der frische Dunst
Ist Materie für unsere Worte,  undurchdringlich
Und ich dring nicht hindurch und verschling mich,
Bring dieses Ding nicht hindurch
Find den Sinn nicht, wär Ich auch sinnlich
Doch bin nicht
so kindlich
Und mutig und frei
Um zu sagen was mich stört ist die Wut nicht dabei

Und es ist nicht, dass wir uns wirklich nichts mehr sagen können
Es ist mehr, dass wir uns längst nicht mehr das Fragen gönnen

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Lyriken der verpassten Revolution Texte

Nafaka

„All that she wants, is to fly away and,
she’s gone tomorrow /
All that she wants…“

…Ist aus dieser Stadt zu kommen
Und trotzdem aus dieser Stadt zu kommen.
Doch der Yugo, in dem sie vor sich hinsingt, ist kaputt
Auf den Straßen Sarajevos liegen Berge von Schutt
Und ihre Mama hat gesagt: „Azra, geh nicht aus dem Keller
Wenn die Sniper draußen schießen“, doch die Tage werden heller
Und wenn man mit 7 im Sommer nicht spielen kann, dass man ans Meer fährt
Sag was ist dann mehr wert?
Dass man sich gegen’s Heer wehrt?

Die Einschusslöcher an den Häuserwänden bilden runde Narben
Und im Fluss liegen Leichen, doch das darf ihr keiner sagen
Und Azra heißt Jungfrau, auch wenn sie’s nicht mehr ist, doch davon spricht man nicht
Aus dem Keller dieses Hochhaus‘ sieht man nachts die Lichter nicht
Letzte Nacht sind zwei der netten Nachbarn neben ihr verschwunden
Geflohen in das Leben oder verreckt an ihren Wunden
„Wenn ich groß bin, will ich klein sein“, denkt Azra –
So klein, dass sie niemand sieht, wenn sie flieht
Aber Papa sagt:

„Wer flüchtet, überlässt das Land den Dummen,
und die spielen dann mit Wummen
Und machen Jugos kaputt statt in kaputten Jugos zu spielen
Wir sind vier unter Vielen, und die lässt man nicht im Stich
Mögen nach Deutschland Gefloh’ne auch lästern unter’m Strich:
Wir sind das Orchester, das im zerstörten Parkhaus weitergeigt
Wir bleiben hier, damit nach all dem wer dem Land die Zukunft zeigt“

Aber Azra war noch nie in nem Orchester
Und in der Schule war ihr Bruder manchmal Bester, aber sie, die Schwester,
Hat das Zeugnis schon zerissen, wird die Schule nicht vermissen
Mit beflissenem Gewissen beinah ausgerissen,
Aber gar nichts von der Zukunft wissen ist gewiss beschissen…
Du kriegst das schon gerissen…

Novi Dan, Nova Nafaka
neuer Tag, neues Glück
Es ist finster und du kannst nicht zurück
Doch im Osten steigt die Sonne und schon ist n neuer Tag da,
Kopf hoch, draga Azra,
Novi Dan, Nova Nafaka.