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Cuenca oder: Warum ich so gern in den Anden bin

Cuencas StrassenSchon kurz nach meiner Ankunft war klar: hier fühle ich mich wohl. Der Taxifahrer ist übermässig freundlich, die Strasse aus Kopfsteinpflaster von zahlreichen, guterhaltenen Kolonialhäusern gesäumt und an jeder Ecke steht eine Panaderia (Bäckerei). Das Klima ist genau wie ich es haben will (warm genug für T-Shirt tags bzw. leichter Pulli abends, nicht zu warm oder schwül, kein Regen…), die Stadt ist weder zu klein, noch zu gross, hat Flaire, ist lebendig und ein 5$-Hostel (in dem ich mich wohler fühle als im Kasten von gestern) fand ich auch auf Anhieb.
Glücklicherweise hatte es heute früh in Guayaquil den ganzen Morgen geregnet, so dass ich nach dem Frühstück entschied, nicht nochmal nach Las Peñas zu laufen, sondern gleich einen Bus nach Cuenca zu nehmen. Was für eine perfekte Entscheidung! So kam ich hier schon um 3PM an und hatte massig Zeit, durch die Stadt zu schlendern (s.o. die ist perfekt dafür), Cuencas Kathedralen-Skylinedie angeblich ca. 50 (gefühlte 1000) Kirchen zu bewundern (darunter die gigantische Kathedrale, die als grösste Lateinamerikas geplant war – worüber der Architekt allerdings übersah, dass die Kuppeln zu schwer wären… sieht jetzt bisschen aus wie’s Strassbourger Münster) und mich – kurz gefasst – einfach gut zu fühlen. Hutmacher-LadenEin Blick vorbei bei einem betagten Hutmacher (die berühmten weissen “Panamahüte” kommen nämlich eigentlich aus Ecuador… war kurz davor, mir für 20$ einen zu kaufen), und im Museum für moderne Kunst, ein Spaziergang am Fluss und ein Kurzbesuch der Universität Cuenca… und unglaublich leckeres Kokos-Süsszeug am Strassenstand – was ein voll gefüllter, herrlicher Tag. Da ich heute im Hostal wieder günstiger untergekoimmen bin, gönnte ich mir zum Abendessen mal das typische “Secco de Pollo” in einem fast schon luxoriösen Restaurant (erkennt man an den kostenlosen Apettitanreger-brötchen) – für 6$ geradezu schockiiiierend teuer 😉 – hat sich aber definitiv gelohnt. Erstaunlich, was 4$ für einen Unterschied machen können.

15.12.2010, Cuenca, Ecuador

Ambato, Latacunga, und was in den Anden weniger Spass macht
Eigentlich bin ich Donnerstag extra früh aufgestanden und aus Cuenca aufgebrochen, um gegen Mittag in Alausi zu sein. Was ich auch schaffte – doch der Hauptgrund fiel leider ins Wasser (hätte mir die Touristeninfo in Cuenca ja auch mal sagen können): es gibt eine tolle Bahnstrecke von dem Andendorf nach Riobamba, von der überall geschwärmt wird… wär auch toll gewesen, von der 20km/h-Bahn die Andenlandschaft zu geniessen. Dort angekommen erfuhr ich jedoch, dass bis Februar die Bahn wegen Streckenarbeiten geschlossen ist. Klasse, da hätte ich auch gleich mit dem Bus weiter bis Riobamba fahren können. So nahm ich nach 40 Minuten Essen und die Hauptstrasse langstreunern den nächsten Bus dorthin, um wiederum umzusteigen in einen Bus nach Ambato, wo ich gegen Abend ankam. Ein Gepäckjunge dorte wollte mir gar nicht glauben, dass ich tatsächlich dort bleibe und nicht zum allgemeinen Touri-Ziel Baños weiterfahre. Denn viel zu sehen gibt es in Ambato eigentlich nicht… nicht mal eine wirkliche Altstadt, weil der grösste Teil beim 1940er Erdbeben zerstört wurde. Der Grund, warum ich überhaupt dort hin bin, war die Möglichkeit, mal wieder ein bisschen sozialen Kontakt zu bekommen. So konnte ich nicht nur die Couch (genaugenommen ein eigenes Bett) bei der Familie von Fernanda surfen, sondern auch eine echt angenehme Zeit mit der Familie verbringen. Der Vater war sogar zur WM in Deutschland (daran sieht man den gehobenen Lebensstandart), und so fehlte es mir dort an nichts – netten Gesprächen, einer angenehmen Unterkunft und die Fürsorglichkeit, als ich am Freitag plötzlich krank wurde. Am Donnerstag abend war ich mit einer kleinen Stadtbesichtigung mit Fernanda und ihrem Freund noch im “Roho” lokales Bier trinken und anschliessend einen Strassenstandburger essen – was ich in den letzten vier Monaten ja nicht allzu selten gemacht habe. Diesmal schien da mein Körper aber irgendwas gegen zu haben und so blieb ich am Freitag grössenteils im Bett, statt (wie nach hartnäckigen Empfehlungen geplant) nach Baños zu fahren. Am frühen Abend fuhren wir zu einem Park am äussersten Ende der Stadt, von wo aus man einen fantastischen Blick auf selbige hat – trotz der guttuenden frischen Luft war ich schon schnell so KO, dass ich nachher eigentlich den ganzen Abend durchpennte.
Da ich heute früh zwar immer noch nicht 100% aufm Damm war, nach viel Schlaf aber auch nicht mehr ganz so down, verliess ich Ambato in Richtung Latacunga. Das Wetter war gut, ich kam recht schnell an und fand ein Backpackerhostal – so weit, so gut. Mein Plan für heute war, zum (kilometermässig) nahgelegenen Lago Quitoa zu fahren, der als der schönste See Ecuadors bezeichnet wird und sich in einem Vulkankrater befindet. Nach fast 2h Busfahrt (kurvige Bergstrasse) kam ich allerdings leider im Regen an – was ja noch ertragbar wäre, wenn er nicht mit so starken Nebel einherginge, dass man tatsächlich kaum was vom See sehen konnte. Nur das mir am nächsten gelegene Ufer unter mir liess ein bisschen auf die Schönheit dieses Ortes schliessen. Naja, Pech halt. Mehr Pech noch, dass der nächste Bus zurück nach Latacunga erst eine Stunde später losfuhr, und ich den dann auch noch verpasste, weil er (was für ein Wunder) früher da war als erwartet – und auch früher wieder weg. Ein leicht verschwendeter Tag…
Mein Plan für morgen ist damit dann auch mal spontan geändert, da es wettermässig wahrscheinlich morgen ähnlich aussehen wird. Und so wird es sich kaum lohnen, den (aktiven) Vulkan Cotopaxi hochzukraxeln… was noch so schön sein soll – im Nebel kriegt man davon nichts mit und friert sich nur die Beine ab. Hatte mich dann fast noch gefreut als ich rausfand, dass es hier auch einen Bahnhof mit noch aktiver Strecke nach Quito gibt – aaaaber: man kann nur Tickets für Hin- und Rückweg zusammen kaufen, und das auch nur in Quito. Wenn man sich also wie ich schon hier in Latacunga befindet, fällt das leider aus – warum? Weil das eben nur eine Touristenattraktion für Leute ist, die von Quito nen Trip hierher und zurück machen, und kein normales Verkehrsmittel. Leicht ärgerlich. Der Tag war für mich also gelaufen und ich hoffe einfach mal, dass sich mein Glück in Quito wieder ein wenig ändert 😉

18.12.10, Latacunga, Ecuador

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La Paz / Camino del muerte / Dia de los Muertos

Zusatz zum letzten Beitrag:

Zwischen zwei Lichterwänden: La Paz
Als sich der vollbepackte Micro durch überfüllte Strassen von El Alto durch elenden Verkehr in Richtung Zentrum kämpfte, war ich ja ehrlich gesagt nicht so begeistert – aber jetzt sitze ich in einer lebendigen Stadt, die Strassen voller Backpacker, Strassenhändler und Bolivianos die es sich leisten können hier im (touristischen) Zentrum zu leben, und nach links und rechts blicke ich auf zwei Wände aus gelb-blau-weissen Lichtpunkten – da La Paz in einem Tal liegt, mit dem gutsituierten Zentrum so ziemlich genau in der Mitte, breiten sich die zahllosen Häuser der äusseren (ärmeren) Viertel auf beiden Seiten auf den Hügeln aus, so dass man abends auf eine vertikale Lichterwand blickt. Definitiv beeindruckend.
Nach einer 60 km/h Microfahrt samt Fähre von copacabana kam ich hier gegen 5PM in La Paz an, suchte mir ein für die hiesige Wirtschaft nicht allzu billiges Hostel (50Bolivianos – und das war schon das günstigste). Nach ein paar Vergleichen buchte ich dann in einem Reisebüro für 330 Bs. (eigentlich viel zu viel) die von vielen empfholene Biketour für morgen (siehe unten). Bei einem Schwenk über den Hexenmarkt (auf dem tatsächlich ganzjährlich Hexenutensilien wie Lamafüsse und jede Menge Talismane verkauft werden, der aber winzig und längst nicht so gruselig wie man es sich für einen Vor-Halloweenabend wünschen könnte) traf ich zufällig Mahesh wieder (den indischen US-Studenten von der Isla del Sol) und wir verabredeten uns für später am Abend im Pub. Bis dahin schaute ich mich ein bisschen in der dunkel werdenden Stadt um, von der grossen Kathedrale neben dem schick beleuchteten Präsidentenpalas bis zur Calle Comercio, wo (dem Namen gerecht werdend) zahlreiche Strassenhändler alles anbieten, was man sich vorstellen kann. Den Abend verbrachte ich dann mit Mahesh in der sehr gemütlichen “Blue Note”-Weinbar und wir redeten über Weltpolitik, Genderconstruction und die Wissenschaft, bis ich anfing auf englisch zu denken – sprachlich gesehen also nicht so gut 😉

30.10.10, La Paz, Bolivia

Camino del muerte/weisse Wand teil III / Affe auf der Schulter
es ist verdammt kalt, trotz dicker Klamotten, und die Strasse vor mir scheint abrupt im Nebel vor mir zu Enden – in Wirklichkeit biegt sie nur unerwartet scharf nach links ab. Vor mir liegen 3 Stunden “Camino del Muerte” – der Weg des Todes. Die Füsse auf einem gemieteten Mountainbike, das mich von 4700 Metern bis auf 1400 heruntertragen soll. Angefangen auf Asphaltstrasse, fährt unsere 2-Personengruppe (sollten eigentlich 4 sein, aber zwei sind wegen Alkoholkater nicht gekommen… selbst schuld) von kalter Andenlandschaft mit kahlem Fels durch sich langsam wandelnde Landschaft auf Schotterpisten und schliesslich sogar Singletrack (für Lukas wahrscheinlich ein Kinderspiel 😉 ) bis in die von Grün pralle Dschungelumgebung am Yolosa-Fluss. Da wir nur zu zweit sind, müssen wir nicht auf Angsthasen warten und düsen in vollem Tempo die Piste runter, Camino del Muerteoft nur einen Schritt vom hunderte Meter tiefen Abgrund zur linken, unter kleinen Wasserfällen durch und, wie es sich gehört, über Steine hüpfend. Adrenalin pur. 3 schweissgetränkte Stunden später kommen wir in Yolosita an, und werden von da aus Touri- und Preisgemäss mit Auto zu einer Dschungellodge geschifft, wo wir in den Genuss von Swimmingpool, warmer Dusche und Buffet kommen – sonst wäre der Tag für mich wahrscheinlich auch um 13:00 Ankunftszeit gelaufen gewesen.
So war ich jedoch wieder fit und nahm nicht den Tourbus nach La Paz zurück, sondern stattdessen ein Collectivo ins nahegelegene Coroico und machte mich nach der obligatorischen Hostelsuche zu dem von Rick empfohlenen tierpark bei Yolosa auf. Und er hatte Recht – die 20 Bs für die Privatrundführung von einem der dort arbeitenden Freiwilligen (auch Australier) war es definitiv wert, schon wegen dem unglaublich süssen Spinnenaffen “Cacao”, der mich Ich mit dem Spinnenaffen Cacaogleich begrüssend an der Hand nahm und durch den Park schleppte, mir auf die Schulter und den Kopf kletterte und an meinem Arm schaukelte. Wenn ich nicht durch die Führung erfahren hätte, dass die verschiedenen Affen und Vögel hier früher illegal gehaltene (und entsprechend behandelte) Haustiere sind, würde ich mir so einen als selbiges wünschen. Es war jedenfalls definitiv eine tolle Erfahrung. Obwohl ich anschliessend sogar noch vor 6PM (letzter bus nach La Paz) wieder in Coroico war, blieb ich dort und nutzte die Zeit zum ruhigen durch den Ort schlendern und Dschungel-Anden bewundern, um am Montag früh um 6 den ersten Micro zurück in die Andenmetropole zu nehmen.

31.10.10, Coroico, Bolivia

La Paz
Der Bus fuhr schliesslich nicht um 6 ab, sondern find dann an, sich die Passagiere zusammenzusuchen – meine 15 Minuten Verspätung waren also leicht naiv, weil wir eh erst um 7:20 losfuhren. Zurück in La Paz checkte ich der Einfachheit halber wieder ins Hostal verano ein und ging bei der Reiseagentur meine CD mit Biketourfotos von gestern abholen. Unterwegs traf ich – wieder zufällig – Mahesh, mit dem ich dann mal eben indisch essen ging. Während er anschliessend seine mails checken ging, nutzte ich die Zeit für das Kokamuseum (sehr interessant v.a. in Bezug auf den Unterschied zwischen Koka und Kokain, und Aspekte wie die Tatsache, dass Kokainproduktion zu medizin. Zwecken seitens der UN in den USA, Deutschland Frankreich u.ä. erlaubt ist, während Peru & Bolivien stets als Drogenproduzenten abgestempelt werden, obwohl der Grossteil des Koka hier nicht zu diesem Zweck weiterverarbeitet wird – 50% der Kokainkonsumenten finden sich übrigens in den USA) und einen Spaziergang durch die mit Kolonialhäusern gefüllte Calle Jaén, Legislationspalast von La Pazund traf mich anschliessend wieder mit ihm an der Plaza Murillo (wo auch die oben beschriebene Kathedrale steht), von wo aus wir zusammen ins Museum für Ethnologie und Textilien gingen. Im ersten (textil-)raum bereute ich fast die 15 Bs Eintritt für 1h Museum (wegen vorzeitiger Schliessung durch Bauarbeiten), in den folgenden Räumen für Masken, Selva-Federschmuck und sogar moderne Skulpturen zahlten sich dann aber doch aus. Ebenso das später besuchte Museo de Arte Contemporanea mit einigen richtig beeindruckenden Kunstwerken.
Nachmittags schlenderte ich dann noch durch den (einzigen) Park La Paz’, La Paz Skylineein riesiges Ding auf der linken Hangseite hinauf mit fantastischer Aussicht auf die Skyline der Andenstadt. Abends traf ich mich noch mit Jaqheline, einer Freundin von benni, der mir einen Brief für sie mitgegeben hatte, und so plauderten wir bei Anticucho und papa Huancayna über lateinamerikanische Filme, freie Radiosender und verlorene Kameras… Abends gabs dann noch kubanische Livemusik im “Sol y Luna”… da wurden Erinnerungen wach ;D . Würde bei der Gelegenheit ja gerne auf Torbens Blog verweisen, aber der hat ja keinen.

1.11.10, La Paz, Bolivia

Dia de los Muertes in Cusco
Auf dem verwinkelten Schubladen-Friedhof tummeln sich underte Menschen, die die spontan auf dem Vorplatz gekauften Blumen, Fotos und kleine Replikationen von Cusqueño- und Inkacola-Flaschen in die Schaukästen der Gräber ihrer Verwandten stellen, die Gräber mit Musik beschallen, auf die übliche Weise Bierbecher herumreichen (obwohl am friedhofseingang Polizei kontrolliert, ob Alkohol reingebracht wird) und leeren und jungen mönchen und Priestern ein paar Sol in die Hand drücken, damit dieser die Grabkästen mit “heiligem Wasser” aus der Plastikflasche besprenkelt. Kinder sitzen auf überdimensionierten Grabsteinen, Omas & Opas plaudern mit den Nachbarn und die Männer betrinken sich (natürlich). Weinen tut keiner. Das ist der Dia de los Muertos, der sich hier über den 1. und 2. November erstreckt. (In La Paz ist der 1. für die toten Kinder, der 2. für die Erwachsenen, hier in cusco ist der 1. für die Lebenden, der 2. für die Toten.) – von unserem Allerheiligen hat das wenig.
Falls die Frage aufkommt, warum ich Cusco erwähne – da bin ich grade, da mein Flug von La Paz nach Lima mir hier 1 Tag Zwischenstop gewährt. Den nutzte ich neben dem Friedhofsbesuch für einen Ausflug zur Inkafestung Saqsayhuaman – hatte ich letzte Mal ausgelassen, weil eigentlich nur mit dem teuren Boleto turistico zugänglich – es sei denn, man betritt das weitläufige Gelände von einem Feldweg statt von der Haupt-Touristenstrasse. Neben einem Ausblick auf ganz Cusco kann man durch die Zickzackmauern der Festung laufen, Inkaarchitektur bewundern und (vergeblich) versuchen, die riesigen Steine hochzuklettern. Der besuch des Museum für präkolumbine Kunst war weniger bemerkenswert. den Abend verbrachte ich dann bei der Familie Zuñiga (nein, sind weder Chilenen noch mit Robin verwandt), die mir Mahesh empfholen hatte – sie haben zwei hübsche Zimmer für 30 S/ samt Frühstück, und sind sehr nett und hilfsbereit, so dass ich so ziemlich den ganzen Abend bei einem Matte mit der Eigentümerin Karina redete – wer also mal nach Cusco fährt, das ist definitiv eine lohnende Unterkunft, fragt mich nach der Adresse!

2.11.10, Cusco

…heute früh gings dann per Peruvian Airlines zurück nach Lima und zum “Alltag”… und ich kann mittlerweile tatsächlich sagen, “nach Hause zu fahren” – Bolivien war toll, aber Peru wird mir mehr fehlen 😉

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So macht man also eine Soziologieexkursion

So macht man also eine Soziologieexkursion
Eigentlich sollten wir ja heute schon mit der Praxis unserer Exkursion anfangen. Wir sind aber in Peru. Pues, nachdem wir gestern abend auf Unikosten aus Lima los sind, kamen wir übermüdet heute früh in der Andenstadt Huancayo an. Nach komplizierten Gruppenaufteilungen (die ja eigentlich schon feststanden, aber der Prof das eben nochmal ummodeln musste) fuhren Abél, Sokrates, Ximena, Pex, Maria-Gracia, Andrés und ich ins nahegelegene Concepcion, in dessen Nähe wiederum unserer Untersuchungsort Matahuasi liegt. Ein paar brauchten erstmal Schlaf zum nachholen während der Rest von uns zum Kloster hochfuhren und vor Ort feststellten dass selbiges von 12 bis 15 Uhr geschlossen hat. Dann gabs Mittagessen und anschliessend noch eine Siesta, die sich viel zu lang ausdehnte, bis wir aufwachten und feststellten, dass es erstens regnete, zweitens spät war, so dass wir nur noch ein wenig planten, was wir morgen arbeiten werden. Ich hatte irgendwie schon Mittags das Gefühl, dass das heute nichts mehr wird. Aber egal, für mich ist die Note eh irrelevant und so genoss ich die ruhige Atmosphäre Concepcions mit meinen Komilitonen, mit denen ich mich wirklich gut verstehe – eine bunt gemischte Soziologentruppe aus Mittelschichtskreisen, weltoffen, liberal (im nicht-deutschen Sinne) und gebildet, so dass man sich wirklich gut mit ihnen unterhalten kann. Hat ja ne Weile gedauert, so nen Freundeskreis zu finden, aber geht doch. Abends unterhielten wir noch bei einem Weinchen aus meinem Riesenrucksack über unser Projekt, das leckere Anticucho-Abendessen und was uns sonst noch so einfiel und morgen sehen wir dann, wie weit wir kommen.

15.10.10, Concepción

Ultrasoziologe
Den ganzen Tag waren wir unterwegs, interviewten die Bürgermeisterin von Matahuasi (=”Zwei Häuser” auf Quechua… sind aber mittlerweile doch ein paar mehr), den 1. Sekretär der comunidad campesina (kommunale Organisation von Landwirten/-besitzern) und befragten mehrere Dorfbewohner über das ganze Spektrum ihres Lebens – am interessantesten fand ich das mit Sokrates geführte Interwiev einer Ladenverkäuferin, die hauptsächlich mit ihrer Familie von der Landwirtschaft lebt. Ihre Einstellung zur comunidad campesiana war sehr kritisch (man muss aber berücksichtigen, dass die meisten Einwohner schlecht über deren Tätigkeiten informiert sind); beeindruckend war die nicht gänzlich negative Einstellung zum Sendero-Terrorismus (“die haben wenigstens die Verbrecher von der Strasse gehalten”) und der Aberglaube über Heimsuchungen durch Verstorbene, die in Form von zwei-Menschenlöpfigen Hunden den Tod bringen, wenn sie zwischen den Beinen durchlaufen, weshalb man schnell die Beine kreuzen muss. Interessanterweise ist das “seltener geworden”, seit es (seit ca. 20 Jahren) elektrisches Licht gibt. Die Wasserversorgung ist unterdessen mangelhaft, trotz regelmässiger 4-Sol-Zahlung pro Monat (…) oft nur stundenweise – letztes Jahr gab es wegen eines Defekts einen Monat lang kein fliessend Wasser und es musste aus Concepcion angefahren werden. Das Flusswasser kann man wegen der Verschmutzung von den Minen auch nicht nutzen. Froh war die Frau trotzdem, hier und nicht in Lima zu wohnen, wo man sich nach einem Tag in den Strassen “das Gesicht abwischen kann und schwarze Hände hat”.
Wir haben uns also den ganzen Tag über soziologisch bescháftigt und kehrten Abend im strömenden Regen nach Concepción zurück, wo der Abend mit Pisco, Poesie, Kartenspielen und Gespräche über Pex’ “combate” im Bad ausklang… 😛

16.10.10, Matahuasi/Concepción