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Don Utopia

 

“In der Universität des Lebens habe ich die Werte der Humanität gelernt,” erzählt Don Utopia, “nicht im Priesterseminar.” Mit zwei Freunden im Jeep reiste er in jungen Jahren von Italien quer durch Afrika, setzte über nach Mittelamerika und fuhr von dort bis nach Feuerland. “Als mein Sabbat-Jahr zu Ende war, waren 26 Monate vergangen”, er hatte mit Schäfern und Minenarbeitern gelebt, war in 4000 Meter Höhe 800 Kilometer wandern gewesen und kam in seinen Heimatort Güemez zurück, um eine kleine Utopie zu gründen: Das “Refugium des perfekten Opas”, im Haus der Eltern, das morgens im Sonnenaufgangs-Licht auf ankommende Pilger blickt. Heute zumindest. Der erste Pilger erreichte das einst sozio-kulturelle Projekt vor 17 Jahren – ein Galizier, der vor Norwegen schiffbrüchig geworden war. Ohne Geld und Papiere war es nicht so leicht, zurück nach Hause zu fliegen. Also lief er. Als er an Don Utopias Tür klopfte, bekam er eine Matratze, warmes Essen und eine (bitter nötige) Dusche. Inzwischen ist das Refugium auf dem Gemeinschaftsgrund hinter dem Elternhaus auf 80 Betten gewachsen, umsorgt und gepflegt von Freiwilligen. “Letzte Woche waren täglich über 100 Pilger dar”, erzählt eine Freiwillige. Abgelehnt wurde in der eigentlich vollen Herberge keiner.
Wir essen gemeinsam, im Garten machen Leute Yoga, wir sprechen über die Entwicklung des Camino und die Geschichte des Refugiums. Woher der Name komme? “Aus Respekt vor unseren Großeltern, die soviel getan haben, um uns weiterzubringen”. Don Utopia ist selbst weit über 60, auch er tut viel um uns weiterzubringen. Vor einer Weile verlieh König Juan Carlos II ihm das goldene Verdienstabzeichen und machte ihn zum Don. “Das war so ein Scherz, den sie mir gespielt haben”, wiegelt Utopia ab, “das ist doch ein Gemeinschaftsprojekt”. Jeder gibt, so viel er kann und mag, es wird nichts erwartet.

Wer in Güemez war, geht den Jakobsweg ein bisschen verändert weiter. Schaut nicht mehr nur kilometerzählend auf die gelben Pfeile nach Santiago sondern achtet auf die unsichtbaren Hinweise des “Camino Universidad de la Vida”: Ein Applaus für die Freiwilligen. Ein bereitwillig verschenktes (obgleich selbst benötigtes) Blasenpflaster. Ein Tanzen im Regen beim lokalen Straßenfest. Ein Dank an die guten Taten unserer Eltern und Großeltern. Eine Wiedersehensfreude. Ein leicht vergehender, weil geteilter Weg bis Santander. Eine kleine Utopie, mitten in Kantabrien.

Eine Antwort auf „Don Utopia“

Solch nette Gesten hören sich in der heutigen oft fremdenfeindlichen und ich – orientierten Welt fast utopisch an; aber es scheint sie tatsächlich noch zu geben. Schöne Erfahrungen. Weitere liebevoll aufopfernde Menschen und Weggefährten mit unterschiedlichen Zielen wünsche ich dir.

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