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Lyriken der verpassten Revolution Texte

Herz und Faust und Victory

Dieser Text kennt keine Antwort. Er wird euch keine Lösung präsentieren.
Er kennt nicht gut und richtig, wird für nichts davon votieren
Dieser Text hat weder Plan noch Strategie, nicht Herz und Nieren
Hat zwar n Sachbuch gelesen doch hat wenig starke Fakten
Hat sich nur durchs warme Herz gewühlt, und nicht durch nackte Akten
Dieser Text wollte erreichen, was er nicht kann, noch weder muss
Dieser Text war einst gewidmet jenem Lande Belarus
Für weniges bekannt: Die Hauptstädter heißen Minsker
Der Name früher „Weißrussland“, der Herrscher dort ist finster

Manche Linien zieh’n sich einfach und sind deutlich zu verstehn
Manche Linien sind so sichtbar, jeder Mensch kann sie schon sehn:
Dort in schwarzer Uniform standen Omon-Polizisten
Da die Frau’n in weißer Kleidung die die Friedensfahne hissten
Dort Verhaftungen schon wahllos, Vergewaltigung und Folter
Da die friedlichen Proteste die der Staat bald überrollt hat
Manche Linien zieh’n sich einfach. Aber leicht ists dadurch nicht
Schon symbolisch-kleine Handlung hat hier eisernes Gewicht

Dieser Text ist ein Symbol, wie so viele: schwach, vergänglich
Seine Auswirkung ist endlich, also letztenendes: menschlich
Jedes Symbol ist ein Versuch, eine Hoffnung für den Halt
Doch Symbole könnten stark werden: Ein Weg aus der Gewalt
Es ist: weiß, rot, weiß. Rote Jacke, weißes Kleid

Drei Papiere nur im Fenster, für den kurzen Blick bereit;
Drei Stockwerke beleuchtet: schon verhaftet, weil publik
Es sind zwei Farben, drei Symbole. Es ist eine Republik.
Es ist: Herz, Faust, Victory, Symbole mit der Hand

Von drei Frauen für die Freiheit, es vereint das ganze Land
Die Menschen gegen Lukaschenko bleiben weiter viel
Es sind zehn Finger, drei Frauen, ein einziges Ziel
Es ist: Ein Hochzeitskleid, ein Blumenstrauß, ein Polizist umarmt
Die Staatsgewalt, sie weiß noch nicht wie man Frauen verwarnt
Denn es warn jene kurzen Tage, wo der Schlagstock noch nicht traf
Es sind zwei Menschen, drei Sekunden, und ein flinker Fotograf

Es ist: Ein Kürbis vor den Staatspalast, er bleibt dort einfach liegen
Die Geliebte Belarus, sie will den Dick-tator nicht lieben
Der Soundtrack einer Sowjetband, über WANdel und Kraft
Es sind zwei Djs, drei Minuten Song, und dann zehn Tage Haft

Die Frauen wurden sichtbar, ihre Männer war’n verhaftet
Swetlana, Mascha, V’ronika: Sie haben viel verkraftet
Nicht alle Feministinnen, zunächst erst Bürgerrechte
Sie kämpfen noch für menschenweite Würde, aber echte
Jedes Kind kennt ihre Namen nun. Dass Frauen plötzlich handeln?
Politikerinn‘ gabs sonst nicht, is‘n kleines bisschen Wandel
Vielleicht war es ihr Einfluss, der die Menschen friedlich hielt
Trotz der Folter, trotz Gefängnisse, wo man sie prügeln ließ
Vielleicht brachten die Frauen und Symbole das ans Licht.
Vielleicht ist das ein Vorbild. Vielleicht aber auch nicht.
Denn Lukaschenko herrscht noch immer, er verhaftet, er verhöhnt
Er unterstützt den Krieg und Belarus bleibt unversöhnt.
Manche Lini-en verschwimmen, wie die sommerheiße Luft
Sinkt gewaltloser Protest nicht irgendwann zur weißen Gruft?
Wann muss man zur Waffe greifen in ner Revolution?
Wann kriegt Widerstand den Kriegsgeschmack und härteren Ton?

Dieser Text war Belarus, dann erbrach sich die Lawine
In den Büchern liest man heut noch nicht vom Fall der Ukraine
Dort gibt’s keine weißen Frauen, wenn du aus dem Fenster schaust
Widerstand: Nicht Hand gen Himmel, sondern nur noch Panzerfaust
Manche Linien verschwimmen: Souveränität und Land-Mord
Ab wann braucht es die Gewehre? Dieser Text kennt keine Antwort.

Die Symbole sind verblasst, die Präsidentin im Exil
Die Proteste ließen nach während ganz Minsk in Angst verfiel
Im Nachbarland herrscht Krieg, und der Diktator gibt die Kusshand
Belarus ist nur noch Durchgangsort für Truppen jetzt aus Russland

Dieser Text war Belarus, doch hat die Zeit ihn überholt
Die Symbole sind jetzt anders und die Städte sind verkohlt:

Es ist: hellblau, hellgelb, man pinselt es auf jede Wand
Gegen das weiße Z der Russen, überall, im ganzen Land
Sie rufen „Welt: vergiss uns nicht“ mit greller Farbintensität
Es sind zwei Farben, eine Sonnenblume. Souveränität.

Es ist: ein dunkelgrünes T-Shirt, und ein müder Präsident
Dass er nie ein Kriegsherr seien wollte, zeigt sich evident
Ein Schauspieler, ein Boxer, die inzwischen jeder kennt
Es ist ein dunkelgrünes Shirt statt einem weißen Anzugshemd

Es ist: Ein Hahn aus Ton, noch unzerstört, in der zerbombten Stadt
Ein Tier-Symbol der Kampfeslust, es kräht, nach dunkler Nacht
Das Wissen der Regierung, dass es weiter nicht so geht:
Es ist ein Hahn, es ist ein Falke, und ne Verteidigungsarmee.

Manche Linien sind klar, viele Linien sind verschwommen
Die Wichtigkeit des Friedens bleibt bei all dem unbenommen
Dieser Text weiß keine Antwort, dieser Text ist ein Symbol
Die Antwort ist nicht Minsk, aber auch nicht Mariupol

Symbole sind zwar mächtig, doch sie könnens nicht bekunden
Und wär die Antwort einfach, hätt sie längst schon wer gefunden
Und vielleicht könn wir nur hoffen, dass Symbole weiter schaffen
Was so viele Völker wünschen, und am Besten ohne Waffen

Es ist: Ein weißes Armband nur an tausenden Armen
Das Zeichen des Protestes für die Menschen, die da kamen
Du bist hier nicht alleine, sie sind alle sichtbar wie:
Ein weißes Armband, und drei Gesten: Herz und Faust und Victory.

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Lyriken der verpassten Revolution Texte

Nafaka

„All that she wants, is to fly away and,
she’s gone tomorrow /
All that she wants…“

…Ist aus dieser Stadt zu kommen
Und trotzdem aus dieser Stadt zu kommen.
Doch der Yugo, in dem sie vor sich hinsingt, ist kaputt
Auf den Straßen Sarajevos liegen Berge von Schutt
Und ihre Mama hat gesagt: „Azra, geh nicht aus dem Keller
Wenn die Sniper draußen schießen“, doch die Tage werden heller
Und wenn man mit 7 im Sommer nicht spielen kann, dass man ans Meer fährt
Sag was ist dann mehr wert?
Dass man sich gegen’s Heer wehrt?

Die Einschusslöcher an den Häuserwänden bilden runde Narben
Und im Fluss liegen Leichen, doch das darf ihr keiner sagen
Und Azra heißt Jungfrau, auch wenn sie’s nicht mehr ist, doch davon spricht man nicht
Aus dem Keller dieses Hochhaus‘ sieht man nachts die Lichter nicht
Letzte Nacht sind zwei der netten Nachbarn neben ihr verschwunden
Geflohen in das Leben oder verreckt an ihren Wunden
„Wenn ich groß bin, will ich klein sein“, denkt Azra –
So klein, dass sie niemand sieht, wenn sie flieht
Aber Papa sagt:

„Wer flüchtet, überlässt das Land den Dummen,
und die spielen dann mit Wummen
Und machen Jugos kaputt statt in kaputten Jugos zu spielen
Wir sind vier unter Vielen, und die lässt man nicht im Stich
Mögen nach Deutschland Gefloh’ne auch lästern unter’m Strich:
Wir sind das Orchester, das im zerstörten Parkhaus weitergeigt
Wir bleiben hier, damit nach all dem wer dem Land die Zukunft zeigt“

Aber Azra war noch nie in nem Orchester
Und in der Schule war ihr Bruder manchmal Bester, aber sie, die Schwester,
Hat das Zeugnis schon zerissen, wird die Schule nicht vermissen
Mit beflissenem Gewissen beinah ausgerissen,
Aber gar nichts von der Zukunft wissen ist gewiss beschissen…
Du kriegst das schon gerissen…

Novi Dan, Nova Nafaka
neuer Tag, neues Glück
Es ist finster und du kannst nicht zurück
Doch im Osten steigt die Sonne und schon ist n neuer Tag da,
Kopf hoch, draga Azra,
Novi Dan, Nova Nafaka.

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Englisch Lyriken der verpassten Revolution Texte

Lightsmog

This is an instagrammcolored land
I need to step out at once come and take my hand
I wanna: catch the moment / (and) Fetch opponents
And say: this is our chance to dance like in the 20s
We got nothing to loose except for these pennies
I am naive that is a compliment
Spread love over the continent
We’re sitting on the same streets like a year ago
But going home is no option, so here we go
And no you can’t stop / We’re gonna stand up
If you wanna give up this system then put your hands up
Oh but we know it all, but we don’t feel it here
The night is dark and we’re full of fear.

And we’re living our life in lands of milk and honey
burn the world, burn people and we burn the money
The world’s fucked you’re shocked
No ones listening
Everyones talkin talkin talkin
But do ingenting
Dein Geld brennt alles aussichtslos
Die Welt rennt doch die Aussicht’s groß
Keiner hört zu, keiner passt auf
Was ist nur los denn wir schreien so laut?!
Capitalypse! Is that the capitalypse?!
But do we wanna be asteroids or the shooting star?
And yes the future is far
And it seems so bizarre
But as long as through the lightsmog of the city I just see one star
I won’t let go of my drive
And as long as through the lightsmog of the city I just see one star
I will believe in life

They say you can’t change the world- haven’t you seen
The revolution is not real, just on tv screen
So let’s watch this so we don’t have to open our eyes
It easy listening to lies and ignore the whole cries
Of Cassandra. Pandoras box is open anyways
And hey there’s not many ways
Right?
So we listen to the songs of the rebels
While we dance and we party on the pebbles
We stay smallminded, fall idled
Myself included
Living like we are used to, but we are deluded
Our stupidity is rooted so we shoot it
Don’t know what else to say so we stay muted

Denn die Welt liegt mir zu Füßen
und drum heb ich sie auf
Wenn Zeit Geld ist bin ich reich
und nehm das Leben in Kauf
Ich möchte rausgehen und aufstreben
Das System hier aufgeben und aufheben
Es als Päcken aufgeben
Rebellion vom Boden aufheben
Und dann endlich raus, leben!
Aber man hört nicht auf uns zu sagen,
dass wir keine Chance haben
Protestieren auf den Straßen
auf den wir gestern schon saßen
Und wir wissen alles aber wir fühlen‘s nicht
Es ist so dunkel und wir sehen kein Licht.

Vi har honning og melk, og de mykeste senger,
Brenner verden, brenner mennesker og brenner penger !
Har mista kjøreplan / Ingen hører på
Fordi alle munn, men ingen ører har

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Chroniken von Lyrien

Von Daktylus bis Alexandriner hat man den Ort gekannt.
Wenn ich durchs Land zog, trug ich ein Wortgewand
Elfchen flogen um mich rum und riefen Kalauer und Zoten
In meinem Kopf entstanden Zeilen, an den Füßen trug ich Noten
Und weil ich ohne das nicht alles was ich wollte Horten kann
Sorgte ich dafür dass ich nun einen Satzkasten mein eigen nenn
In den ich jeden frühen Morgen meine Zeichen setz
Da es am Anfang stand: das Wort ist mein Gesetz
Und so les und leb ich täglich in der Heiligen
Schrift. da man dem Dichter halt Respekt zollt.
Ich lebte Schrift für Schrift, war mitnichten in Rente
Arbeitete in einem Kunst-Stoff Werk für Dichtelemente
Nicht alles war perfekt, doch unsrem Volk das Glück hold
Schweigen war Reden. Silben waren Gold

Der Welt der Künste bekannt
Hier leben Kyrien
Metaphernreich dieses Land:
Es lebe Lyrien!

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Yolo

Die Zahnbürste steht noch im Badezimmer
Der Kaffee ist noch warm so wie immer.
Doch die Tasche ist gepackt, verlass die Stadt
Es ist kalt draußen, nimm dir noch nen Pulli mit.
Ich packe meinen Koffer, nehme mit:
Den Geruch von frischem Brot
Ein bisschen Nachdenklichkeit
Das Gefühl der Farbe Rot
Und die innre Schönheit
Etwas Solidari-, viel Naivität
Und nichts von all den Sachen, die mir meist mein Vater rät

“Räum dein Zimmer auf bevor du gehst”, hat meine Ma stets gesagt
“Falls du nicht wiederkehrst
Wie sieht das denn sonst aus?
Irgendwann kommst du nach Haus und dann ist Chaos. Das will doch keiner”
Also räum ich den Mist weg, den ich hier gelassen hab
War nötig, ist jetzt alles unter’m Bett,
Falls wer wieder kommt. Ich werd’s nicht sein.

Hab so viele Zahnbüsten in meinem Leben irgendwo vergessen
Zahnbürsten sind wie – der Glaube an die gute Welt
Verloren in Hotels und bei Affären die du nicht mehr magst
Sagst: “ist nicht so schlimm wenn du den Neueinkauf vertagst ein paar Tage geht ja auch ohne.”
Und plötzlich brauchst du schon wieder eine Krone.
Oder eine Drone
Also: Kronen im Fall von Zahnbürsten, Dronen im Fall vom guten Glauben
Rauben uns den Sinn wenn wir uns Gründe zusammenklauben
Und uns einreden, dass wir schon wieder kommen.
Irgendwann. Mit Zahnbürste und gutem Glauben.

Doch:

Du gehst nur einmal fort. Yolo:
You only leave once
Vergesse dich, entfessel mich
Bin Djesko unchained
Das Gehn ist stumm
Und eben drum
Lass ich’s leise hinter mir. Und kehr nie wieder zurück.

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Legendario

Legendario. Sie war legendär.
Wie wenn Santeria-Hexerei zugleich ein Segen wär.
Lächelt süß wie Honig, haut dich um wie hart Rum,
Betrat den Tanzflur und der ganze Club ward stumm:
Eine Morena, dunkle Haut, schwarzes Haar und große Augen
Ein karibisches Lächeln wie zum Verstand dir rauben
Man fing zu munkeln / an, ich hör sie komme aus Havanna
Club-Musik ließ ihre Miene mehr verdunkeln
Doch bei Salsa oder Reggaeton ward’s plötzlich schönes Wetter
Und die Spanischtanzkurs-Stunden wurden mir dabei zum Retter
Wie bei Romeo y Julieta – nahm ich nen tiefen Zug
Sah mich selbst wie ich den Club durchquerte, zu ihr lief und frug:
“Señorita, wärst du vielleicht für ‘nen Tanz bereit?
Für ‘nen Tanz zu zweit, für jetzt oder die Ewigkeit?
Sie von Nahem zu sehen, toppt den Eindruck schon auf’s Ganze
Und bin ich sonst auch vorsichtig, brach ich für sie eine Lanze:
Denn ich nehm kein’ Cuba Libre. Ich mach’ mit Kuba Liebe!
Sie roch fantastisch und sah gut aus, wie ein feiner Single Malt

Die and’ren Frauen waren auch Single, aber neben ihr mehr old
…Timer /an: sonst siehst du nicht wie schnell sie sich bewegen kann,
Du brauchst sie nur zu sehen und schon fängt ein neues Leben an
Man sagt, Kubaner können alles reparieren: guapa du flickst mein Herz.
Die Jungs im Club geiferten, ihre Blicke sagten “die fickst du derbst”,
Doch du weißt dir schon zu helfen, wie man sich gegen solche Wichser wehrt
Du blickst verklärt, nix versehrt, über sie alle hinweg.
Und hast so ganz nebenbei mit Neid die ganzen Chicks ernährt,
sie haben alle gecheckt:
Mit deiner Person kam Trinidad in die Stadt, einer Heiligen gleich –
Dreeinigkeit: Körper, Seele und der “heilige Geist”
Ich brauch nicht fragen, wie ich dich auf Facebook finde; denn es ist klar:
Du brauchst kein Social Club. Chica du BIST Buena Vista!

Aber obwohl ich dachte, dass ich sie grad massig verführ’
Ist ihre eisig kalte Schulter alles was ich berühr’…