Ein Gedicht zum Gericht.
Wenn ich schreiben könnte, wie du kochst
Dann stünde ich nur noch auf Ballhaus-Bühnen
Meine Texte nur royale, in der allergrößten Zahl
Ich schriebe meisterhafte Zeilen ohne säumige Rast
Ich würde zeichenweise zaubern, hätt stets Freunde zu Gast
Die Sünde von „zu wenig da“ wär unverziehn
Meine Reime röchen rauchig und nach Rosmarin
Ein geiler Amuse-Gueule, eine Salz-Butter-Ballade
Grob nuss’ge Brotkruste, beinah schon Panade
Süß-saure Silben spielen mit dir ne Charade
Betonungen sind bissfest. Iss jetzt. Hier ist es nicht fade
Lins mit mir in die Linsensuppe meiner leisen Lyrik
Schokoladen-sanfte Strophen als Dessert glaub mir das fühl ick
Ich schrieb Sonette Vinaigrette hätte honigweiche Haikus
Die Limeriks so leicht betont als wär’n sie zuckerfreier Leichtfuß
(Wegen „light“. Naja egal)
Für Weizen-Witze reicht es mal:
Wär provokant im Prenzlberg so wie Gluten im reichen Mahl
Mein Metrum Mise en place, hier sitzt alles wo es soll
.Ich schrieb und lies es scharf, jedes Wort machte dich voll
Jeder Buchstabe gebacken, jedes Komma weichgekocht
So wie Sous-vide lang gegart gleich gemocht
Wie ein Wein, fein gegärt
Ein Epos, das dich jetzt ernährt
Jede Alliteration wäre schon genau al-dente
Meine Worte wärn so wahr, es gäbe keine Zeitungs-Ente
Onomatopoesie, Oregano-Symphonie
Machte aus nichts ne ganze Kunst so wie ne Tee-Zeremonie
Du snackst die Oden wie Oliven und Metaphern-Macarons
Fragst: hat das meisterliche Schreiben seines Schaffens schon Saison
Ja, hat es!
Saisonal, regional, vor allem sensational
Alle würden mir verzeihen wenn ich denn damit prahl
Es ist gut gedichtet und gewürzt, träfe jeden letzten Nerv
Verzier den Vers statt mit Vanille mit Visionen von Verve
Alle beten für Pasteten von Poeten-Gedanken
Und sie geben mir Peseten, würd mich eben bedanken
Aber wenn ich schreiben könnte, wie du kochst
Dann wär mir das völlig gleich
Weil ein gesättigter Magen und n volles Herz mir reicht
Und so sitze ich in deiner Küche
Und du machst gar kein 3-Gänge Menü mit Goldsplitter und Trüffel-Topping
Keine zweistöckige Torte, kein raffiniertes Soufflee
Heut machst du ein Gericht der Sorte, dass ich ehrlich versteh:
Spätzle. Und Gulasch.
Und weil du immer Angst hast, dass es nicht genug sein könnte, ist es ein riesiger Topf, für drei Leute, und ich will mich hineinlegen, also nicht wirklich weil das schon n bisschen eklig wäre, aber metaphorisch, denn dein Essen ist…
Zuhause.
Leibgericht.
Heimkommen, Dämmerlicht
Umarmt sein. Längst am Tisch.
Das hier macht. Satt.
Legt sich sanft um die Geschmacksknospen, umarmt deine Zunge
Es heilt jede Wunde und es macht dich gesund
In deinem Herz und deiner Seele
Gleitet runter durch die Kehle
Und lässt dich so wohlig warm und voll und geliebt fühlen
Wie es nichts außer gutem Essen kann.
Denn ja, ich liebe feine Küche,
wie nen smarten sieben-fachen-Reim
Die braten viele Sachen klein
Woll’n harte Miene machend sein
Doch sind sie ehrlich, woll’n sie mehr nicht, als die Liebe dir verleih’n
Jeder Kochlehrgang und jeder Dicht-Workshop
Will dir den Stil erklär’n
Aber im Kern wollen sie nur gern einzig dich als Ziel ernähr’n
Sie wollen, dass dich irgendwas von innen erfüllt:
Sie wollen dass du weinst, dass du lachst, dass du fühlst.
Dass du sanft in dich hineinlächelst, lange davon zehrst
Dass du glücklich und vermehrt immer mehr davon begehrst
Umso besser, wenn’s dabei ein bisschen glitzert und glänzt
Aber es ist okay, wenn nicht immer alles perfekt ist.
Aber dich sättigt.
Wenn ich schreiben könnte, wie du kochst,
Dann wär das manchmal auch einfach ein fettiges, schlonziges, deftiges Ding.
Ich schriebe mit Leidenschaft und täglich, weil ich schon auf dem Heimweg darüber nachdächte, was ich heute so zusammenrühren kann.
Manchmal hätte ich noch diese eine Zeile von letzter Woche übrig und mach dann halt Resteverwertung, und dann kommt einfach richtig viel Käse oben drauf, passt schon!
Manchmal würde ich behaupten es wär einfach wirklich gar nicht gut geworden dieses Mal, nicht so bissig und scharf wie es sollte und ist die eine Komponente nicht viel zu weich und nein ich kann da jetzt nicht einfach am Schluss noch ein bisschen Würze drüberstreuen wie stellst du dir das vor?!
Und dann würdest du mir sagen, dass es ein wirklich hervorragendes Gedicht geworden wäre und ich würde dir nicht glauben, aber mich trotzdem drüber freuen.
Man kann zwei Künste nicht vergleichen.
Ein Löffel ist kein Stift und keine Küche aus Papier
So sehr ich‘s auch versuch ich krieg die Zeilen nicht paniert
Worte machen nicht satt.
Aber vielleicht machen sie glücklich.
Wie die Brombeeren vom Wegrand in dem Pfannkuchen zum Frühstück
Wie Kartoffelbrei ganz üblich auf der Couch sitzend gemütlich
Wie die erste Kürbissuppe des Septembers.
Wie ein Backblech voller Brownies wenn dir eigentlich zum flenn‘ wär
Wie der Tag im Park, Freunde und Grillzeit-Spiele
Wie beim Patenkind-Besuch die gute Milchreis-Liebe
Ich werd nie schreiben, wie du kochst.
Und doch…
Wenn manches Mal die Muße mich küsse
Dann schick ich dir wie heute diesen Gruß in die Küche.