Eigentlich war es ein ganz schöner, einfacher Wanderrundweg. Nachdem wir unserer Nase nach von der Smedmyrkoia-Hütte weiter bergan gelaufen waren und auf gutdünken abbogen, wo es schön erschien, erreichten wir eine Stelle, die laut Beschilderung mit ziemlicher Sicherheit in Kürze zur Hütte führte. Dann kamen wir jedoch an einen Bach, der dank dem Regen der letzten Tage nicht mehr so leicht zu überqueren war wie wohl zu Zeiten der Wegauszeichnung, aber das schreckte uns natürlich nicht, und so hüpften Chili und ich an einer etwas weniger tiefen Stelle über Steine und hinzugeworfenes Astwerk auf die andere Seite. Froh über die gelungene Überquerung gingen wir weiter und erreichten keine fünf Minuten später einen reißenden Fluss, auf dessen anderer Seite die blauen Wegmarkierungen unbekümmert weiterfuhren. Direkt über einem kleinen, aber schnellen Wasserfall lag ein alter, rutschiger und in der Mitte halb gebrochener Stamm, der wohl einst als Brücke gedient haben musste, nun aber alles andere als geeignet dafür war. Um die Geschichte kurz zu machen: Chili entdeckte einen bereits gefällten Stamm am nahen Hang, den wir kurzerhand zum Flussufer hinunterschleiften und über den Wasserfall wuchteten. Eine einfache Überquerung hätte natürlich anders ausgesehen (wir saßen auf dem neuen Stamm, die Füße auf dem alten, und robbten langsam hinüber), aber hey: wir hatten eine Brücke gebaut!
Aber das war natürlich nur die aufregendste der vielen Dinge, die Chili und ich in der Woche ihres Besuches in Oslo erlebten. Wir hatten laufenderweise vermutlich jedes Viertel Oslos durchquert und uns am selten sonnigen Montag zu einer kleinen Wanderung in der Østmark aufgemacht. Laut der Karte der Wandervereinigung sollte dort eine Hütte zum Übernachten etwa 4,5 Stunden von der Metrostation liegen, also buchten wir selbige, packten unsere Rucksäcke und wanderten durch die wunderschöne Natur und furchtbar matschige, steile Pfade. Doch der Weg zog sich, und als wir den ersten einsamen Wanderer fragten, wie weit es noch bis Vangen sei (nur ein Zwischenstopp!), meinte er “Ui, das ist weit, so 2-3 Stunden sicher noch”. Da waren wir allerdings auch schon 2-3 Stunden unterwegs. Die Sonne sank immer tiefer, die Wege wurden immer matschiger, und es wurde immer offensichtlicher, dass die Karte ein kleines bisschen außer Maßstab war. (Für die ersten 5 Kilometer waren 2 Stunden angesetzt was wir auch ungefähr schafften für die folgenden 10 km eine Stunde…) als der Sonnenuntergang sehr absehbar wurde (der, von einer Anhöhe ausgesehen, auch sehr entschädigend schön war), entschlossen wir uns, der nächsten Abbiegung nach Sandbakken zu folgen, wo wir hofften, irgendein lebendes Wesen und eine Möglichkeit zur Übernachtung zu finden. Herrje waren wir glücklich, das elektrische Licht des großen Hauses zwischen den Bäumen hindurchblitzen sahen. Es war aber leider nur die norwegische Angewohnheit, auch bei Abwesenheit einfach alle Lichter brennen zu lassen, und so mussten wir letztlich noch eine halbe Stunde dranhängen, um zum nächsten Parkplatz am westlichen Ende der Østmark zu gelangen (immerhin auf leichterer Straße), von wo uns zum Glück ein später Jogger mit dem Auto zurück nach Oslo heimnahm.
Nach dieser Enttäuschung nahmen wir uns vor, es am Donnerstag noch einmal mit einer anderen Cabin zu versuchen, und so landeten wir Dank Metro, Bus und einer einstündigen Wanderung (die sehr viel leichter war) bei der hübschen Smedmyrkoia-Hütte in der Nordmark. Hatten wir sie die erste Nacht zwar für uns allein, bekamen wir doch Nachmittags Besuch von vier Wanderern mit Hund, die sich ihr Abendessen in der Hütte kochten, und am Abend versorgten wir eine Gruppe verrückter Outdoor-Fetischisten, die in Hüttennähe im Regen zelteten (und Feuer machten!), mit Heißgetränken und einer Ofengeheizten Hütte. Als wir am zweiten Tag von unserer Wanderung und Brückenbauaktion zurückkamen empfing uns ein prasselnder Ofen und vier Deutsche, die für die Nacht die Hütte mit uns teilten. Trotz Abgeschiedenheit konnte von Einsamkeit also selbst im verregneten Oktober keine Rede sein!
Und jetzt noch ein paar hübsche Bilder von dem Spaß:
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Eine Antwort auf „Wir haben eine Brücke gebaut. Hugh!“
Ach wie nett und spannend – schön, dass Chili da ähnlich abenteuerlich gestrickt ist, wie du. Häte aber auch schief, bzw. tief (ins Wasser) gehen können, oder? Ich vermute deine Eindrücke von Land und Leben in Norwegen bleiben in ewig guter Erinnerung.
Susanne