(Zusammenfassung am Ende!)
Schon der erste Schritt am Hang hinter San Sebastian lässt mich schmerzvoll zusammenzucken. Zweihundert Höhenmeter habe ich noch vor mir an diesem Tag, doch mein linkes Knie steckt meine Nerven in den Schraubzwinger, zerrt ein bisschen hier und da und haut dann nochmal mit dem Hammer drauf. Nicht cool, Knie, sage ich, mein Knie antwortet “me da pincha, kannste mal sehen wie das ist, dich die ganze Zeit durch die Gegend zu tragen!”, und macht weiter. Entsprechend habe ich die letzten Tage mein Tempo und meine Tageskilometer ein bisschen reduziert, freue mich über die Erfindung namens Iboprofen und jammere bei Treppen abwärts vor mich hin. Außerdem helfen mir die Kniebandage “Bendeja” und der Bambusstock “Salvador” durch die Hänge des Baskenlandes.
“Wie gehts dem Knie?”, ist entsprechend die erste Frage von Busqueda, die ich später in einem ehemaligen Kloster in Zumaia wiedertreffe, wo die Ruhe eines ummauerten Hofes die Schallwellen der Tapas-Bars und Straßenfeste ausschließt und eine Pilgerin Gitarre spielt. Geht schon, flunkere ich. “Wie war San Sebastian?”. Busquedas Neffe Sebastian starb vor Kurzem bei der Geburt, in der Stadt seines Namensvetters suchte sie nach einem angemessen An- oder Gedenken. Sie fand es nicht. San Sebastian heißt eigentlich Donostia.
Immer wieder trifft man Leute, die zuvor den Weg oder die Herberge teilten, das G’muatlich-Pärchen, Pipi Langstrumpfs Freunde (Tommi und Annika), die geisterhafte französische Familie. Auch in der Herberge in Orio, wo die Allmächtige als Hospitalera mit Hangaussicht vom Apfelbaumgarten und Essen und Wein im Gartenhaus beglückt, treffen die Wege wieder aufeinander; heute in Deba erwarte ich schon fast, in der Unterkunft im Bahnhofsgebäude das eine oder andere bekannte Gesicht zu sehen. Die schönste Mittagspause heute in Iziar: Mit Sorpresa und Sandwich an der Straßenecke des winzigen Bergdorfes sitzen, in dem sich die Vorbereitungen eines Sommerfestes auf der Straße tümmeln. Ein alter Mann mit Schiebewagen, auf dem eine Anlage baskischen Schlager spielt, ein Polizist mit Baskenmütze, dessen größte Sorge es ist, den abgewürgten Getränkelaster am geparkten Lebensmittel-Wagen den Berg hoch zu bringen, der dritte Pilgerer, der in die falsche Straße geht. Das Kopfsteinpflaster riecht nach Sommer und Bier, die im Wind baumelnden Fähnchen sind handgemacht.
Was sonst noch geschah: Umwege gegangen und Hängematte genossen, Strandpromenaden und Esel-Weiden, Schmerz und Erleichterung. Und vermutlich zu viele Espressi.
Zusammenfassung: Kniebedingte Wegverkürzung, Wiedersehensfreude mit anderen Pilgerern, Herbergen mit Hängematten und Hangaussicht, alten Klostergemäuern und rückseitigen Bahnhofsgebäuden, Mittagspause inmitten eines baskischen Sommerfestes.
Eine Antwort auf „Zwang zur Langsamkeit“
Ja, ja, das Leben leben und zwischenzeitlich mal auf den eigenen Körper hören; oder nur auf ein Knie…
Weiterhin viele gute Erlebnisse.