Die kleine Ziegeldachkirche auf der Plaza Mayor, die holzgeschnitzten Verandas über dem “kleinen Kaffeehaus”, die Unterkunft im “Haus Köhel” und schliesslich das (vorzügliche) Wiener Schnitzel im “Gasthaus Tiroler Adler”… ja, ich bin immernoch in Peru.
Heute früh um 6 sind wir mit einem der üblichen Combis von Oxapampa aus losgefahren, und gute 2 1/2 Stunden am Fluss entlang durch den Dschungel und auf atemberaubend engen Hangpfaden neben dem Canzon über die Strase überquerende Bäche gefahren (einmal fast stecken geblieben). Und dann sieht man plötzlich grün bewaldete Hügel mit Kühen und Holzhütten und Dorfkirchen und fühlt sich wie in Österreich. Im peruanischen Dschungel. (Okay, nicht richtig tieeefer, virgin-Dschungel, aber trotzdem.) Im oben erwähnten Gasthaus assen wir dann Pozuciano-Wurst, Wiener Schnitzel, Kartoffelsalat, Yuca und frittierte Bananen, gefolgt von leckerem Bananenstrudel (Äpfel gabs zur Ankunft der Siedler hier ja nicht…). Der Eigentümer, Señor Egg Gstir, dessen Urgrossvater Bruder des Koloniegründers war, unterhielt sich auf Castellano und tiroler Deutsch mit uns über seine Reise nach Österreich, das Buch, das er geschrieben hat und die Kolonie an sich.
Nach 1/2-Stunde Fussweg konnte ich mir auch das v.a. rheinisch besiedelte Prussia ansehen, dort scheint der Einwanderereinfluss aber nicht ganz so stark hängen geblieben zu sein wie im österreichischen Pozuzo – die Rheinländer haben sich offenbar mehr integriert und vermischt, weshalb jetzt von Prussia nicht sehr viel mehr übrig geblieben ist als das selbstgebraute Bier gleichen Namens und die Dorfkirche.
Über eine zufällig entdeckte Hängebrücke wanderten wir später den Pilgerpfad zum gegenüberliegenden Hügel (kleine Pilgerstationen erzählen vom Leidensweg Christi – auf Deutsch) und einer hübschen kleinen Kapelle mit herrlicher AUssicht auf das erstaunlich kleine Pozuzo und die von Kühen besiedelten Weiden.
Enzos Bierbrauerei hatte abends leider nicht mehr geöffnet als wir das hauseigene Bier probieren wollten, und mussten deshalb andererorts mit Cuszueña vorlieb nehmen.
Heutige Höhepunkte: die Unterhaltung mit einem Pozucino italienischer Abstammung (!), heute 84-jähriger Schreiner mit fehlendem Zeigefinger, seinerzeit Anführer der Pozucinos im Kampf gegen den Sendero Luminoso und die staatliche Gegenkraft Morocos (die genauso grausam waren); und das Museo Schaffner, das wirklich interessant von der Geschichte der Kolonie erzählt – und die Kassiererin/Führung/vllt. auch Eigentümerin ist in Bayern geboren… Ein bisschen zu Denken hat mir die Erzählung gegeben, dass ihre Familie kurz nach dem 2. Weltkrieg ausgewandert ist – natürlich kann ich das nicht wissen, aber was wäre wohl einer der plausibelsten Gründe, genau dann schnell in eine deutsche Kolonie auszuwandern, mit dem Vorsatz, dort ein bisschen “frisches Blut” anzusiedeln…?
Mit dem abenteuerlichen Micro ging es zurück nach Oxapampa, von wo es dann morgen über La Merced zurück nach Lima geht… schade, weils eine spannende Tour war, angenehm, weil ich mich dann doch irgendwie an das Klima Limas gewöhnt habe 😉
20.9.2010, Pozuzo / Oxapampa