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Creamfields

Zwischen Palmen und Wüstenbergen wummernt aus drei Richtungen feinste Electro/Minimalmusik, yahllose Leute, sowohl Peruanos als auch Gringos, chillen auf dem Gras, grasen die Getränkebuden ab und rauchen… naja meistens Gras. Während der Mariuahanageruch anfangs stark auffiel, liess es später nach… oder wir gewöhnten uns einfach nur dran. Eine riesige menge von Körpern tanyt, drängelt, liegt vor der grössten Bühne, von der blityendes Licht und abgefahrene Musikvisualisierungen auf den Bildschirmen die Nacht erhellen: das ist CreamfieldsPerú, die peruanische Version des in gewisser Weise internationalen Festivals. “Kann man überhaupt auf ein Electrofestival gehen, ohne sich mit Cchemikalien vollzupumpen?” ist eine häufig gestellte Frage – ja kann man, wenn man die Musik mag. Zugegebenerweise wurde es aber nachher schon etwas merkwürdig, als immer mehr Leute um uns rum offensichtlich mit einigen Drogen in der Blutlaufbahn umherschwankten, oder wenn man um 5 Uhr früh feststellt, dass während man selbst vom Tanyen das Bein nicht mehr heben jann und nur noch zu Ferry Corstens Musik auf dem Rasen liegt, andere immer noch ekstatisch durch die Gegend hüpfen. Dafür konnten wir das Festival bei vollem Bewusstsein geniessen, von der grandiosen Musik von 16Bit-Lolitas (absoluter Höhepunkt) über den Berliner DJ Paul Kalkbrenner (der anfangs ehrlich gesagt etwas enttäuschend schien, dann aber gut aufdrehte – nud der Schlusstrack “Sky & Sand” war natürlich der Hammer und weckte Halle-Erinnerungen (danke Josi!;) )) bis zu Ilario Alicante (im leider wahnsinnig überfüllten Zelt, welches Tanzen unmöglich machte) und Jamie Jones, bei dem die Füsse gar nicht mehr aufhören wollten sich zu beegen. Was für eine Nacht. Um 5 waren wir wie gesagt einfach KO und staunten über die zu Ferry Corstens Coldplay-Remix heranströmende Masse während wir auf der Wiese liegend den Himmel heller werdend betrachtete – vom Sonnenaufgang kriegt man Lima-Wolkendecke auch im ausserhalb liegenden Mamacona wenig mit. Geklaut wurde mir diesmal auch nix, so dass nichts das Erlebnis trübte. Dass ich den Sonntag erstmal bis 15 Uhr (plus 3 Kaffee) brauchte um wieder fit zu sein… naja, egal. Hat sich gelohnt 😉

21.11.10, Lima

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Feiern in gefährlichen Vierteln / Cerro San Cristobal

“Die Strasse ist gefährlich, da können wir nicht lang gehen” – “Nehmen wir ein Taxi?” … “Für 2 cuadras?” (Strassenblöcke) frage ich verwundert. Ja, für zwei cuadras, denn es ist offenbar echt gefährlich da. Ich bin mit ein paar Leuten aus der Rural-Klasse um Sokrates (der allerdings selbst nicht mehr dabei ist) in La Victoria, und nur 2 cuadras von der Wohnung einer Bekannten entfernt, bei wder wir uns mit ein paar der Anderen treffen wollen. Wo wir gerade stehen, ist es noch sicher, eine cuadra weiter nicht. Wir nehmen ein Taxi. Warum die Übeltäter in dieser Strasse bleiben und nicht einfach eine cuadra weitergehen würden, bleibt unerklärt.
Nachdem ich die letzten zwei tage mit Uni und meiner Hausarbeit beschäftigt war, traf ich mich gestern Abend mit Sokrates, Abél, Bex und den anderen und gingen ins “Sky”, einer Kneipe in der Universitaria-Strasse, die sehr nach billigem Restaurant in Lima aussieht – weil sie das tagsüber auch ist :). über diverse Komplikationen und Gruppenaufteilungen landeten Carlos, el Poeta, ich und ein mir bis dato Unbekannter im Don Lucho in der Nähe der Plaza de San Martin im Zentrum (wo jeder abends ausgeht, der nicht auf die schicken Viertel Miraflores und Barranco steht) und zogen von da aus wie erwähnt nach La Victoria – wo wir bis fast 6 Uhr früh blieben, weil es einerseits nette Unterhaltung war, man in der Gegend aber andererseits auch nachts nicht hätte rausgehen sollen. Schon seltsam, mitten im Stadtinneren so Strassenzüge zu haben, in die selbst die Polizei sich nicht reintraut.

Dagegen schien Rimac heute harmlos, das ich durchqueren musste, um auf den Cerro San Cristobal, einem als Aussichtspunkt bekannten Hügel, zu gelangen. da überall davor gewarnt wird, nahm ich einen der Touristenbusse für 5 Sol aus der Stadt hoch – aber wirklich gefährlich sah es eigentlich nicht aus. Von dort hat man tatsächlich eine beeindruckende Aussicht auf die im Dunst liegende, riesige Stadt, die sich bis zum Horizon erstreckt – Wolkenkratzer, Betonblöcke, bunte, in die Häuser gebaute, arme barriado-Häuser, abgeschirmte Mittelschichtsheime, Kathedralen, ein riesiger Friedhof… es sind viele Städte in einer, es ist Bronx, Hollywood, Mumbai, Mexiko-Stadt und peruanisches Dorf in einem: das ist eben Lima.

8.10.10, Lima

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Excursion, Archäologie,Töpfererotik, Feria, Poesia und der Flying Dog

Excursion, Archäologie und Töpfererotik
Ich befürchtete schon ein Dé-javù erlebnis, als ich gestern abend in der Uni vor der aula 8 stand. Und niemand da war. Und es bei der Parallelveranstaltung des anderen Prof in der aula 25 genauso leer war. Da aber wenig später vor der 8 noch ein paar andere Studenten warteten, blieb auch ich und konnte so eine halbe Stunde später tatsächlich an meiner ersten Stunde Sociologia rural teilnehmen. Erstmals hatte ich eine wirklich interessante Klasse mit bereichernden Erkenntnissen und bin entsprechend wirklich froh, zu dieser Klasse gewechselt zu haben. Ausserdem wird es, um das ganze auch praktisch abzudecken, Mitte Oktober eine gemeinsame Exkursion geben, wo wir dann sozusagen “Clase en el campo” (auf dem Land) haben 😉 – mehr dazu natürlich, wenn es so weit ist.
Heute wurde ich dann meiner offiziellen Einschreibung gerecht und besuchte das Larco-Archäologiemuseum in der Bolívar (in dem ich bisher immer noch nicht gewesen war, obwohl es um die Ecke meiner ehemaligen Unterkunft liegt). Das Museum ist wirklich faszinierend und gut gemacht, und zeigt vor allem die zahlreichen präinka-Kulturen auf, die man viel zu selten beachtet – angesichts der Tatsache, dass Peru einige tausend Jahre von Nazca, Chancay, Moche, Lima, Paracas und und und bevölkert wurde, während die Inka nur die letzten 150 Jahre eine Rolle spielten.
Erotische Töpferkunst im archäologischen MuseumIn einem Extrabereich (um die Kinder fernzuhalten 😉 ) war “erotische Töpferware” ausgestellt mit Krügen, auf denen die verschiedensten Sexstellungen als Skulpturen dargestellt sind, und einem Trinkgefäss, dessen Griff der überdimensionierte Penis eines grinsenden Indigeno ist… Sinn für Humor hatten die Moche (von denen dieses Werk stammt) also auch. 🙂

9.9.2010, Lima

Feria, Poesia und der Flying Dog
Manchmal sind die teuren Ereignisse längst nicht so ein tolles Erlebnis wie die kostenlosen – so wie heute. Ich habe mich ehrlich gesagt ein kleines bisschen geärgert, 20 Soles für den Eintritt zu der diese Woche im Parque de la Exposicion stattfindenden Feria de Comida (Essens-Messe) zu bezahlen. Zwar gab es tatsächlich sehr viel beeindruckende Auswahl und ich ass mein erstes Meerschweinchen (eigentlich vom Geschmack her ähnlich wie Hühnchen… ein bisschen wie Lamm vielleicht), aber trotzdem musste man schliesslich noch für alles bezahlen (und das nicht zu wenig, auch wenn es meist von exklusiveren Restaurants war und dafür natürlich wiederum günstig war) und meist auch noch ewig lang Schlange stehen. Hätte man sicher besser organisieren können (“man” ja, Limeño nein ;)), und alles in allem bevorzuge ich dann doch, in einem richtigen Restaurant für den gleichen Preis ein ganzes menü zu bekommen. War trotzdem ganz lustig mit der Gruppe aus Nadja, Benni, Katty, drei mir bis dahin unbekannten Kanadiern, und diversen anderen Austauschstudenten.
Um 6 Uhr musste ich dann schweren Herzens (ja, das war ein bisschen Ironie) das Messegelände verlassen, um rechtzeitig um 7 beim Parque Kennedy zur Poesia en el Parque zu sein – was ich dank chaotischem Verkehr nur ganz knapp schaffte. Nach der Hälfte der Vortragenden war ich dann dran und durfte meinen Text “Ich hasse es” in deutsch und in der in den letzten tagen übersetzten Version “Yo odio” präsentieren, was echt gut ankam und richtig Spass gemacht hat. Es waren sogar zwei deutsche Touristen da, die beide Versionen verstanden haben 😉
Der Abend bzw. die Nacht ging dann in der Bar des Backpackerhostels “Flying Dog” in Miraflores zuende, wo unsere französische Kommilitonin Amandine (die hier immer “Mandarine” genannt wird, weil sich die Peruaner ihren Namen nicht merken können 😉 ) arbeitet und wir (die Leute die auch bei der Feria waren) bis 2 Uhr sassen, Pisco Sour und Machu Picchu tranken und uns über alles mögliche unterhielten. War auf jeden Fall sehr entspannt und v.a. mit Benni konnte ich mich (auf Spanisch natürlich) echt gut unterhalten.

10.9.2010, Lima

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Fuck Yeah Se Van

Es ist Sommer, die Temperaturen bleiben bis spät in die Nacht schweißtreibend und der Tag meiner Abfahrt ins verregnete Lima rückt näher. So nah, dass ich diesen Samstag bereits meine Abschiedsparty hier in Halle steigen ließ – genaugenommen “wir”, denn ich feierte mit meinem besten Freund Torben zusammen, den es für den gleichen Zeitraum nach Havanna verschlagen wird.
Fuck Yeah Se Van Fuck Yeah, Se Van… (frei übersetzt “Verdammt nochmal, sie gehen fort”, nur viel zu lang und längst nicht so cool), war dann auch das Motto, und jeder der Eingeladenenbeschrieb auf einer entsprechend präparierten Karte, was er/sie jetzt endlich wieder/nicht mehr/immer noch machen kann/will/wird, wo wir zwei weg sind. “Lange Männergespräche“, “Disney Musik hören und Disko Pogen“, “auf Jeskos Bett hüpfen“, “extra Spanisch lernen“, “Dienstags wieder früh ins Bett kommen” (in einigen Variationen) und einiges mehr fanden sich in unserer “Fuck Yeah- Se Van“-Box ein. Mit einem wahnsinnig tollen Verabschiedungsfilm von unseren Freunden chillten wir gemütlich auf der Peißnitz-Wiese bei diversen Flaschen Bier und “Disko Cola” und die vorzeitige Sehnsucht nach den zurückbleibenden Freunden zeigte ihre ersten Zeichen. Es war eine wirklich schöne Feier, danke an alle, die da waren!

Unterdessen streiche ich immer mehr Punkte auf meiner “Peru to do”-Liste ab, es verbleiben derzeit nur die Zwischenmiete und die Gelbfieberimpfung und eine Hostel-Reservierung für die ersten Nächte. Die Universidad San Marcos hat inzwischen die benötigten Formulare zurückgeschickt und so konnte ich meine Semester-Beurlaubung und den vollständigen Bafög-Antrag einreichen – bei letzterem warte ich allerdings noch auf eine Antwort vom Amt, da die Mailbox meiner zuständigen Beauftragten voll ist. Diesmal liegt es also nicht an der lateinamerikanischen Mentalität. Es sei denn, die besagte Frau hat einen lateinamerikanischen Migrationshintergrund.
Auch meine eigene Reiseplanung verfestigt sich inzwischen. Nach vielen Stunden Schmökerns im “Lonely Planet” und Absprachen mit meiner Schwester sieht der “Plan” nun folgendermaßen aus:

  • August bis Mitte Dezember: Peru. Während der Vorlesungszeit werde ich natürlich den größten Teil der Zeit in Lima verbringen, die Veranstaltungen besuchen und so viel wie möglich vom Leben der limeños mitbekommen. Zwischenzeitlich werde ich für verschieden lange Ausflüge nach Iquitos reisen (einer Stadt im peruanischen Amazonas, die nur per Luft und Wasser erreichbar ist) sowie nach Arequipa (der “weißen Stadt”), Cusco (der alten Inka-Hauptstadt), Puno und zum Titicacasee (und vielleicht von da aus für einen Ausflug nach La Paz) und natürlich Macchu Picchu, der meistbesuchtesten Ausgrabungsstätte Lateinamerikas, die auf keiner Reiseplanung eines Perureisenden fehlen darf.
  • Mitte Dezember bis Anfang Februar: Ecuador. Im Anschluss an die Vorlesungszeit (und damit auch über die Weihnachtsfeiertage) werde ich von Lima aus nach Ecuador reisen. Wo und wie genau das sein wird, ergibt sich dann noch im Laufe der Zeit. Ich versuche auf jeden Fall meine connections spielen zu lassen, und ein paar Freunde von Freunden kennenzulernen. Je nachdem wie ich vorwärtskomme, werde ich in diesem Zeitraum auch noch ein wenig von Kolumbien sehen.
  • Anfang Februar werde ich dann in Panama sein, wo ich meine große Schwester in Panama-Stadt vom Flughafen aufsammeln werde. Zusammen werden wir dann besonders viel Zeit in Panama verbringen und unter anderem den dortigen Karneval mit erleben.
  • Bis Anfang März werden wir irgendwie bis San José in Costa Rica gereist sein, von wo meine Schwester dann wieder gen Heimat fliegt. Vorher bleibt sie aber freundlicherweise noch an meinem Geburtstag da und wird sicher auch noch einiges von Costa Rica miterleben.
  • Den Rest des Monats werde ich dann wieder alleine reisen, wobei ich entweder in Costa Rica bleibe, oder aber nach Nicaragua weiterreise – das muss ich spätestens im Januar entscheiden, wenn ich meinen Rückflug umbuche. Der wird mich dann entsprechend entweder von San José oder von Managua aus gegen Ende des Monats zurück nach Frankfurt bringen.

Soweit die Überlegungen – wie gesagt, alles weitere wird sich dann während der Reise ergeben. In der Zwischenzeit bleibe ich in einem merkwürdigen Gefühlschaos zwischen Vorfreude und die Wehmut nach dieser Stadt und all den Leuten hier, die mir ans Herz gewachsen sind. Will einerseits loslassen, mich frei und offen machen für all das Neue, und doch gleichzeitig einen Teil des Alten beibehalten – denn auch wenn ich in manchen Momenten scheine, als würde mir so ein Schritt so einfach fallen: in diesen anderen Momenten merke ich, dass es das eben nicht ist. Wenn ich am Hufeisensee sitze und der untergehenden Sonne zusehe und an die vergangene Zeit denke. Denn eins ist klar: ich werde mich verändern, und mit mir wahrscheinlich auch ein Teil der Beziehungen zu der ein oder anderen Person. Und ich kann nur hoffen, dass das, was wichtig ist, sich mit mir verändert.