Gestern abend hatte ich vor der Abfahrt nach Aguas Calientes die durchaus schlaue Idee, mein Rückfahrtticket schon im Voraus zu kaufen, was ich also während der Wartezeit denn auch tat. Erst nachdem ich das Wechselgeld erhalten hatte, zählte ich das Bargeld in meiner Tasche: S/ 56. Das könnte doch knapp werden, dachte ich und machte mich auf die Suche nach einem Geldautomaten – bis mir mit Schrecken einfiel, dass ich meine Kreditkarte in meinem Rucksack gelassen hatte – der in Cusco steht. Wie schon am Titicacasee hatte ich nur das Nötigste in meiner Tasche mitgenommen und mein Portmonnaie lasse ich hier in Peru sowieso stets zuhause, da man mit ein paar losen Scheinen in der Tasche einfach sicherer bzw. entspannter unterwegs ist. Da ich gestern früh noch S/ 400 abgehoben hatte, hatte ich nicht erwartet, meine Kreditkarte zu brauchen. Dann musste ich aber das Hostal für letzte Nacht (und im Voraus für die Nacht von heute abend) noch bezahlen, hatte mir noch dringend nötige Sonnencreme gekauft, gegessen und eben zwei Bahn fahrten gekauft – was unmittelbar zu diesem Loch in meiner Tasche führte. Mein Lonely Planet schrieb etwas von 12 US-$ Eintritt für Studenten auf Machu Picchu – der ist aber schon 2 Jahre alt… wie ich auf Nachfrage in der Bahn herausfand, ist der Preis inzwischen bei über 20 US-$ (S/ 62) angekommen – und übernachten musste ich in Aguas Calientes ja auch noch. Die Überschrift ist also leicht untertrieben. Nun hatte ich aber ja schon die Bahntickets und war fest entschlossen, irgendwie nach Machu Picchu zu kommen, da der Weg nach Aguas Calientes sonst ziemlich umsonst gewesen wäre. Ich nehme mal die Spannung und das Ergebnis vorweg: ich hatte mehr Glück als Verstand. In der Bahn unterhielt ich mich mit den beiden mir gegenübersitzenden Chilenen (einer Rei-Ki-Therapeutin und ihrem Sohn), die ähnlich knapp bei Kasse waren. Um 1:00 angekommen, suchten wir also zusammen nach der günstigst möglichen Unterkunft und fanden mit etwas Glück ein Dreibettzimmer für S/ 30 – billiger hätte ich wohl kaum etwas finden können, vor allem nicht in der Recht überteuerten Stadt Aguas Calientes; und das auch noch mit eigenem Bad und sauberen Betten. So weit, so gut – leider waren die verbleibenden S/ 46 trotzdem (bzw. erst recht) zu wenig für den Eintritt. Heute früh wachte ich leider erst um 6:00 auf – viel zu spät eigentlich für Machu Picchu, wo viele schon um 5:00 loswandern, um dem Touristenstrom zu entgehen. Da ich die Hoffnung hatte, dass die beiden Chilenen mir mit ein paar Soles aushelfen könnten, wartete ich, bis sie fertig waren und ging mit ihnen zusammen zum Ticketschalter. Wie sich herausstellte, hatten sie selbst kaum genug Geld und mussten erst zum Bahnhof, um dort nach einer günstigen Rückfahrt zu suchen bevor sie wüssten, wie viel Geld ihnen übrigblieb. (Ich traf sie später in Machu Picchu wieder, sie scheinen also erfolgreich gewesen zu sein.) So stand ich also da und mir fehlten S/ 17 für Machu Picchu. 17 Soles – das sind nicht mal 4.Sollte ich wegen 4? umsonst nach Aguas Calientes gefahren sein, ohne Machu Picchu zu sehen? Nach mehreren Nachfragen bei den wenigen anderen anwesenden Touristen und schliesslich am Schalter selbst kam ein junger Südamerikaner nicht feststellbarer Herkunft zum Schalter und legte mir einen S/ 20-Schein hin und frage, ob ich denn 3 Soles klein hätte. Überaus dankbar gab ich ihm das Kleingeld und notierte mir Name und Adresse des Hostels in Cusco, wo er bis Samstag sein würde. (Aktuelle Anmerkung: Nach meiner Rückkehr nach Cusco bin ich noch am selben Abend da hingefahren und habe mit dem Taxifahrer ewig lang das versteckte Hostal gesucht, konnte ihm aber schliesslich erfolgreich das Geld zurückgeben.) Ich war erleichtert und begeistert von seinem Vertrauen (auch wenn es ja “nur” 4 sind). Der Kassierer am Schalter, der natürlich alles mitgekriegt hatte, fragte mich, wie ich denn zurück nach Cusco käme (Ticket habe ich schon) und was ich bis dahin essen wolle (ein paar Quesadillas die ich noch mithatte). Nachdem er mir das Ticket ausgestellt hatte, schob er mir einen 10-Soles-Schein rüber und meinte, ich müsse ja schliesslich auch unterwegs etwas essen können. Es ist schon toll, wenn man so hilfsbereiten Leuten begegnet! Der jugendliche Südamerikaner hielt mich kurz darauf auf der Plaza an, fragte ob ich noch mehr für unterwegs bräuchte und gab mir noch weitere S/ 10 …mit nun ganzen S/ 20 in der Tasche konnte ich mich endlich nach Machu Picchu aufmachen. Der Fussweg von Aguas Valientes zur Inkastätte führt zahllose Treppenstufen hinauf, die ich mit mehreren Pausen in etwa 1 1/2 Stunden triefend durchschwitzt meisterte. Dass ich damit mittlerweile zu spät war, um einer der 400 zugelassenen Besucher des Nachbarberges Wayna Picchu zu sein, war zwar schade – aber ich konnte schliesslich froh sein, überhaupt hier sein zu können. So hatte ich über 5 Stunden Zeit, um mir intensiv die alte Inkastadt anzusehen, bis zur Puente del Inka und zum Intipunku hinaufzulaufen (der etwa gleich hoch ist wie der Wayna Picchu). Und auch wenn ich vielleicht nicht mit den Beschreibungen Machu Picchus als “magischen Ort” mitgehe, hat sich all das definitiv gelohnt – wie beeindruckend passgenau die riesigen Steine lückenlos aufeinanderstehen und so der Natur standhalten; wie raffiniert das Wasser vom Nachbarberg in die Stadtkanäle geleitet wurde, wie imposant der Sonnentempel sich von den Lamabevölkerten Grasflächen erhebt – und all das im leichten Nebel über mir, der die riesigen Nachbarberge in einen Dunstschleier hüllt. Es hat schon seine Gründe, warum Machu Picchu die meistbesuchteste archäologische Stätte Amerikas ist. Die Fotos mögen vielleicht einen kleinen Eindruck davon vermitteln. Das Umherwandern zwischen diesen grandiosen Ruinen ist jedoch einfach einmalig.
Als ich auf dem Intipunku sitzend Regentropfen spürte, machte ich mich schnellstens an den Abstieg – nicht schnell genug. Trotz nur halbstündigem Fussweg ins Tal hinab war ich völlig durchnässt. Der Besitzer eines kleinen Restaurants am Fuss des berges (bzw. bei der Brücke über den Urubamba) überliess mir freundlicherweise ein Plastik-Regencape – damit dürfte ich wohl den absoluten Tag der Hilfsbereitschaft ausgeschöpft haben Zurück in Aguas Calientes kaufte ich mir von den restlichen Soles etwas zu essen für unterwegs und sitze nun im Zug nach Cusco. Da es aufgehört hatte zu regnen, kann ich die umgebende Landschaft bestaunen: der so angepriesene “Scenic View” besteht aber anfangs hauptsächlich aus dem Rio Urubamba. Von der späteren Landschaft kriege ich leider nichts mehr mit, weil es ab 18:00 dunkel ist. Aber mit Machu Picchu habe ich ja auch schon unglaublich viel gesehen – und durch mein finanzielles Missgeschick viel freundliche Hilfe erlebt!
PS: Jaaa, ich habe endlich die Fotos hochgeladen! Einfach runterscrollen, ab dem Beitrag “Molina de Sabandía” sind jetzt Fotos eingebunden!