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Feiern in gefährlichen Vierteln / Cerro San Cristobal

“Die Strasse ist gefährlich, da können wir nicht lang gehen” – “Nehmen wir ein Taxi?” … “Für 2 cuadras?” (Strassenblöcke) frage ich verwundert. Ja, für zwei cuadras, denn es ist offenbar echt gefährlich da. Ich bin mit ein paar Leuten aus der Rural-Klasse um Sokrates (der allerdings selbst nicht mehr dabei ist) in La Victoria, und nur 2 cuadras von der Wohnung einer Bekannten entfernt, bei wder wir uns mit ein paar der Anderen treffen wollen. Wo wir gerade stehen, ist es noch sicher, eine cuadra weiter nicht. Wir nehmen ein Taxi. Warum die Übeltäter in dieser Strasse bleiben und nicht einfach eine cuadra weitergehen würden, bleibt unerklärt.
Nachdem ich die letzten zwei tage mit Uni und meiner Hausarbeit beschäftigt war, traf ich mich gestern Abend mit Sokrates, Abél, Bex und den anderen und gingen ins “Sky”, einer Kneipe in der Universitaria-Strasse, die sehr nach billigem Restaurant in Lima aussieht – weil sie das tagsüber auch ist :). über diverse Komplikationen und Gruppenaufteilungen landeten Carlos, el Poeta, ich und ein mir bis dato Unbekannter im Don Lucho in der Nähe der Plaza de San Martin im Zentrum (wo jeder abends ausgeht, der nicht auf die schicken Viertel Miraflores und Barranco steht) und zogen von da aus wie erwähnt nach La Victoria – wo wir bis fast 6 Uhr früh blieben, weil es einerseits nette Unterhaltung war, man in der Gegend aber andererseits auch nachts nicht hätte rausgehen sollen. Schon seltsam, mitten im Stadtinneren so Strassenzüge zu haben, in die selbst die Polizei sich nicht reintraut.

Dagegen schien Rimac heute harmlos, das ich durchqueren musste, um auf den Cerro San Cristobal, einem als Aussichtspunkt bekannten Hügel, zu gelangen. da überall davor gewarnt wird, nahm ich einen der Touristenbusse für 5 Sol aus der Stadt hoch – aber wirklich gefährlich sah es eigentlich nicht aus. Von dort hat man tatsächlich eine beeindruckende Aussicht auf die im Dunst liegende, riesige Stadt, die sich bis zum Horizon erstreckt – Wolkenkratzer, Betonblöcke, bunte, in die Häuser gebaute, arme barriado-Häuser, abgeschirmte Mittelschichtsheime, Kathedralen, ein riesiger Friedhof… es sind viele Städte in einer, es ist Bronx, Hollywood, Mumbai, Mexiko-Stadt und peruanisches Dorf in einem: das ist eben Lima.

8.10.10, Lima

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Pachacamac und Flug

Auf dem Templo del Sol stehend braust mir der Wind durch die Haare, während ich hinter perfekt konstruiertem Mauerwerk aufs Meer blicke… ich habe mich natürlich nicht abschrecken lassen und bin gestern noch mal zu den Ruinen von Pachacamac gefahren. Und konnte diesmal sogar rein. Die Anlage ist riesig und vereint Ruinen von mindestens drei Kulturen (Lima, Pachacamac und Inka, möglicherweise mehr). Ein Inkagebäude der geweihten Frauen ist noch sehr gut erhalten (mal schaun ob ich demnächst noch ein Foto hochlade), und auf den Sonnentempel kann man tatsächlich bis nach oben steigen. Sehr schöne Sache, lohnt sich wirklich. Nicht so das Museum de Artes, in dem ich anschliessend war – ausser Matta-Clark, der fü einen Stadtsoziologen ganz interessant ist, gab es derzeit nur einen anderen Ausstellungsraum: für das riesige Gebäude sehr ernüchternd.
Jetzt noch eine schön peruanische Begebenheit: gestern nachmittag fand ich in einem Reisebüro im Zentrum ein Angebot nach La Paz via Cusco (ist das billigste so) für 300 Dollar, dachte mir “hmm, geht nicht billiger” und liess es reservieren. Hatte aber nur 20 Soles mit, die also als Anzahlung dagelassen, und ausgemacht morgen (also heute) vorbeizukommen und den Rest zu zahlen, habe ja Quittung bekommen etc, eigentlich alles klar. Das Büro macht um 10 Uhr auf, sagte er mir.
Heute dann zwischen meinen Unistunden schnell nen Bus ins Zentrum geschnappt, um 10:45 da… geschlossen. Auch nach einem Kaffee und 20 Minuten warten nicht anders. Aus Zeitvertreib checkte ich in einem nahegelegenen anderen Reisebüro, wieviel es mich da gekostet hätte, und kam auf 290 Dollar. Als um 11:45 das ursprüngliche Büro immer noch zu hatte, ging ich zu letzterem und holte meinen Flug da. Selbst wenn ich meine 20 Soles nicht wiederkriege, bin ich noch billiger weggekommen (10 Dollar = 30 Soles). 🙂 Zufrieden über das Glück für mich (und das Pech für die erste Agentur – selbst schuld) kam ich trotzdem zu spät zum Unterricht. Machte aber nichts, denn die hatten natürlich auch zu spät angefangen, und ausser mir waren nur 3 andere Studenten da. Wundern tut das offenbar keinen.

6.10.10, Lima

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Reunion zum Dia de la Reunificación

Kartoffelsalat á la Christian, Fleischklöpse, Schwarzbrot mit Ei, Erdinger Weissbier, Paradiescrem (Schlackamaschüü!) mit Erdbeeren und Schokolade und eine schwarz-rot-gelbe Torte. Keine Angst, ich bin kein Nationalist geworden, aber ein bisschen feiern kann man 20 Jahre deutsche Wiedervereinigung ja schon. Und so versammelte sich ein Grüppchen deutscher und peruanischer Studenten in meinem Appartment mit den oben genannten Leckereien und hatten eine doch eher unperuanische Feier – denn die sehen anders aus (s.u.). Als Begründung können wir nicht nur unsere Herkunft anführen, sondern auch die “Ley secca”: diesen Sonntag wurden nämlich in ganz Peru Bürgermeister und Regionalvertreter gewählt, und da gilt das ganze Wochenende: kein Alkoholverkauf, keine lauten Feiern. Bars und Diskos sind zu, Supermärkte verstellen ihre Weinabteile mit Softdrinkpaletten. Wir nahmens gelassen und tranken unser Donnerstag gekauftes Erdinger bei einer “Reunion” statt einer “Feier” 😉 und verfolgten zwischendurch die Hochrechnungen zu Limas Alcaldia (Bürgermeisterwahl) – die glücklicherweise nicht die nervige mitte-rechts-Kandidatin Lourdes Flores, sondern das “neue Gesicht” der peruanischen Politik, Susanna Villaran, für die Mitte-links-Partei Fuerza Social gewann. (Übrigens nicht nur besonders weil erstmals eine Frau, sondern weil “links” hier in Folge des Sendero-Terroismus’eher eine Verunglimpfung ist und Susanne seit Jahren die ersten linksorientierte Politikerin).
Heute wollte ich dann meine Museumswoche fortführen und nach Pachacamac fahren, hab ich auch gemacht, nur um nach 1 h Fahrt vor Ort festzustellen, dass die seit kurzem den Montag als Ruhetag eingeführt haben. Auswegplan: Museo de las Bellas Artes – fiel aus dem selben Grund ins Wasser. Ärgerlich. Habe vor, das morgen nachzuholen.
Zum Zeitvertreib war ich dann erstmals im Luxuseinkaufszentrum LarcoMar in Miraflores, voller überteuerter Restaurants und Klamottenläden, aber auch mit dem ersten gutsortierten Musikladen, den ich hier gefunden habe. Leider zu fast europäischen Preisen – dafür aber sogar mit einer peruanischen Hip-Hop-CD. Stand in der Kategorie “Peruanischer Rock” – das ist hier zumindest was einheimischen Rap betrifft, echt noch so real, dass es noch nicht mal ne eigene Plattenregal-Kategorie hat…

Um meinen Vorsatz nachzuholen und euch ein wenig zu zeigen, warum unsere Reunion so unperuanisch war, heute mal wieder ein How To:

How To celebrate with Peruvians

Tanz: Während feierliche Anlässe in Deutschland hauptsächlich aus Essn bestehen, ist die zentrale Tätigkeit hier das Tanzen. Auch wenn eine/r gute/r Tänzer/in mehr Aufmerksamkeit bekommt, spielt es keine allzu grosse Rolle, ob man “tanzen kann”. Wer kann, tanzt eben Salsa und besondere Figuren (bzw. eben zur Musik passendes), wer nicht, bewegt sich irgendwie rhytmisch. Beliebt ist es auch, in einer Gruppe im Kreis zu tanzen, an den Händen gefasst, oft mit wechselnden Tanzpärchen in der Mitte. Ablehnen ist nicht, und nur mit seinem Partner tanzen auch nicht – genauso, wie aus der Gruppe auszusteigen und bei anderen weiterzutanzen. (Da muss dann mindestens eine Ess- oder Trinkpause zwischen sein 😉 ). Bei grösseren Feiern spielt eine Band (oft Mariachis), manchmal mit Gesang, sonst gibt es grösstenteils Salsa-Konserve, bei jüngerem Publikum gemischt mit Reggaeton.
Essen: …spielt – für die gute peruanische Küche sehr erstaunlich – keine grosse Rolle. Je nach Feierlichkeit (und Budget des Veranstalters) gibt es eine kleine Mahlzeit dazu, manchmal zum selber kaufen – z.B. Huhn mit Reis und Kartoffeln, gerne bei besonderem Anlass auch Cuy (Meeschweinchen). Gegessen wird mit Papptellen auf dem Schoss auf einer Bank am Raumand sitzend oder im Stehen, selten essen alle gleichzeitig, und eher nur um das Bedürfnis zu stillen, damit man weitertanzen kann. Gerade bei privaten Feiern gibt es, wenn die Familie es sich leisten kann, Fingerfood-Buffet (Chickenwings, Chips, Pralinen, Kekse, alle möglichen Sachen die man im stehen essen kann). Es steht meist schön zubereitet auf einem Tisch im Veranstaltungsraum, an dem man sich aber nicht bedienen sollte – jeder einzelne Teller mit Fingerfood wird von Bedienung oder einem Familienmitglied zu den Gästen gebracht, die sich dann ein Stück davon nehmen. Eine ganz andere Relevanz bekommt die
Torte: die auf keinen Fall fehlen darf. Und sie muss natürlich zum Anlass passen (Hochzeit, Kindergeburtstag etc), sonst ist die Feier eigentlich fast ins Wasser gefallen. Die Kalorienbomben aus Sahne und/oder Schokolade wird eher spät aufgeteilt (und ebenso gegessen wie der Rest, s.o.) – je nach Menge (von Torte und Gästen) sollte man keine allzu grossen Stücke erwarten.
Geschenke: Der Schenkzwang steigt mit Bekanntschaftsgrad. Als relativ neuer Bekannter wird nicht unbedingt ein Geschenk erwartet. In jedem Fall sollte man seinen Namen auf das Geschenkpapier schreiben, wenn man damit in Verbindung gebracht werden will: sie werden nicht während der Feier aufgemacht! In feierlicher Zeremonie werden sie vom Geburtstagskind abgeholt oder von den Schenkenden (tanzen) vorbeiebracht und dann an einem Ort gelagert und zu Hause geöffnet . damit der Schenkende nicht mit ansehen muss, falls der Beschenkte enttäuscht ist. 🙂
Anfang: ist natürlich verzögert. Wenn es heisst “ab 8:00pm” erscheinen nur die besten Bekanntn wenn überhaupt vor 9. Ausnahmen sind z.B. Hochzeitszeremonien in der Kirche – die aber natürlich trotzdem verspätet anfangen. Wer pünktlich kommt ist selbst schuld und muss warten – wer später kommt muss wahrscheinlich trotzdem noch warten. Einem Deutschen ist aber keiner böse, wenn er pünktlich ist.
Ende: gibt es offiziell nicht. Kann aber spät werden. Mit passender Ausrede is es aber akzeptiert, früher zu gehen, wenn man nicht mehr tanzen kann 😉
Unterhaltungen: sind sporadisch – geht auch schwer, wenn man dabei zu lauten Blechbläsermusik tanzt. Also wenn, dann vorher, während alle auf den Bänken sitzn und warten, oder beim Essen.
Trinken: Das Bier wird meist je von einem für die Gruppe gekauft (die Runde um), vor Ort meist 3 Flaschen für 10 Sol (eins kaufen ist ungewöhnlich). Zusammen mit einem Becher wird es dann rumgereicht: man schenkt sich ein, gibt die Flasche weiter, trinkt aus, schüttet den Schaum auf den Boden und gibt den Becher weiter. Ablehnen sollte man, wenn überhaupt, dann nur mit gutem Grund – oder spät, wenn eh schon alle betrunken sind. Einfacher ist es, sich einfach nur einen kleinen Schluck einzuschenken – voll wird der Becher ohnehin nie gemacht, sondern maximal halbvoll.
Das alles kann natürlich vollkommen anders aussehen, wenn man sich unter Reichen oder Ausländern befindet 😀 …wenn man sich auf eine peruanische Feier eingestellt hat, wird es aber meistens ein ganz amüsanter Abend: wenn einem nicht vorher von der überlauten Mariachi-Musik die Ohren geplatzt sind…

4.10.10, Lima

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— Erster Poetry Slam in Lima jetzt online —

So, wie versprochen gibts jetzt auch die Aufnahme von meinem ersten Text bei Poesia en el Parque online:

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Ultramuseumstag / Poesia en el Parque

Wow. Ich brauch gar keine Museumswoche. Ich mach das alles an einem Tag. Naja, fast: Zeitig aufgestanden machte ich mich ins Stadtzentrum, um dort ein paar Sehenswürdigkeiten abzuklappern. Zuerst gings zur Iglesia de San Pedro, die nicht wirklich eine absolute Besonderheit ist, aber dank kostenlosem Eintritt auch keine Verschwendung. Auch hier wieder Prunk an allen Seiten, diesmal aber kein Pizarrosarg wie in der Kathedrale (wär ja auch merkwürdig gewesen). Danach ging es – wieder kostenlos – ins Museo banco Central de la Reserva, das, wie der Name schon sagt, im Gebäude der Zentralbank untergebracht ist. Schon witzig, dass solch eine kapitalistische Institution die dort gezeigte populäre und postkoloniale Kunst sowie präinkaische Historie umsonst zeigt, während die katholische Kathedrale einem 10 Sol abzieht… Im Keller des Museums sind in einem alten Tresorraum dann noch Goldschmuckstücke der Inka ausgestellt. Atmosphärisch passend. Und, wenn auch nur in überraschend kleinem Umfang, eine Sammlung peruanischer Münzen aus verschiedenen Zeiten. (Vom kolonialen Real über den Sol, den Sol de Oro und den Inti zum Nuevo Sol.) Zwei Kirchen, die ich unterwegs auf dem Weg fand, liess ich aussen vor – eh immer das gleiche zu sehen, und dann auch noch mit überteuertem Eintritt – und ing lieber ins kostenlose Museum der Inquisition. Da gibts dann die Gräuel der Kirche ganz plastisch an Figuren dargestellt, damit man auch noch die letzten Sympathien verliert. (Sorry an alle Gläubigen, ich rede nicht von der Religion, sondern von der Institution.) Die Führung war nicht allzu spannend, aber trotzdem streckenweise ganz hilfreich. Nach einem kurzen Mittagessen wollte ich mir noch die Kolonialhäuser Casa Pilatos und Oquendo ansehen, die laut meinem Lonely Planet besichtigbar sein sollen – das ist allerdings leider mittlerweile nicht mehr der Fall. Stattdessen dann in den Parque de la Muralla an der alten historischen Stadtmauer. Das 1-Sol-teure Museum kann man sich sparen, der Park ist aber ganz hübsch. Muss ich auch mal nachts hin, da wird der schön beleuchtet. Um meinen Powertag zu vervollständigen, gings dann abends mal wieder zu Poesia en el Parque mit meinem ersten bilingualen Text – siehe unten. Den ersten Text vom letzten Mal habe ich bisher immer noch nicht hochgeladen, das wird aber baldigst nachgeholt!

1.10.2010

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Museumswoche / Global Village

Da mir noch einige Museen hier in Lima zu sehen übrig bleiben, habe ich mir vorgenommen, die mir jetzt alle mal vorzunehmen 😉 …und vorgestern meine Semana de los Museos eingeleitet. Mal sehen, wie viel ich bis nächste Woche schaffe. Angefangen habe ich mit dem Museo Municipal von Pueblo Libre, dem Museum für Archäologie, Anthropologie und Geschichte. Da es staatlich ist, kommt man als Student für günstige 4 Soles rein und kriegt dafür eine ganze Menge geboten – einen extra Bereich für die Selva (Dschungel) und ihre Kulturen, seeehr viel Töpferware von Präinkakulturen und einige koloniale Malereien. Macht das Museo Larco Herrera, wo ich vor Kurzem war, fast überflüssig (okay, bis auf die erotische Töpferware, siehe unten 😉 ). schlauerweise bin ich allerdings falschrum eingegangen und wunderte mich dann, als kurz vom vermuteten Ausgang mein Ticket verlangt wurde. Der Kontrolleur war auch amüsiert und fragte, ob ich denn alles gesehen habe. Hab ich. Nur in der falschen Reihenfolge. 😀
Heute ging es dann in das Museo Nacional (wo ja letztesmal geschlossen war als ich da war und feststellte, dass es Montags zu hat), wo man sogar umsonst reinkommt. Erst war ich recht enttäuscht, nachdem ich den gleichen historischen Teil gesehen hatte (der wie das oben erwähnte Museum in Pueblo Libre, nur viel kleiner ist) und wollte schon empfehlen, lieber die 4 Sol zu investieren und sich die Zeit zu sparen. Aaaaber: dann entdeckte ich im 4. und 6. Stock des gigantischen Gebäudes (in dem auch das Kulturministerium untergebracht ist) weitere Ausstellungen, die einen Besuch wert sind. Der 4. Stock für alle Interessenten von indigener Kunst, der 6. Stock ist eigentlich Pflicht für alle, da er schockierende Bild- und Textdokumentationen des Terrorismus des Sendero Luminoso zeigt. Umso schockierender wenn einem bewusst wird, dass vor gerade 10 Jahren ein bürgerkriegsähnlicher Zustand herrschte, und der Sendero noch heute existiert (allerdings hauptsächlich im Drogenhandel). Zufälligerweise begegnete ich später am Tag auf dem Plaza San Martin einem Jugendlichen (der mich ansprach weil er meine Stadtkarte gesehen hatte und sich einfach mal mit dem Gringo unterhalten wollte), der mir erzählte, dass seine Mutter vom Sendero exekutiert wurde, Ende der 90er Jahre. Verarbeitet wird diese Zeit des Terrorismus nicht wirklich, vielmehr totgeschwiegen. Man findet wenige Leute, die von sich aus über diese Phase der peruanischen Geschichte reden. Ich werde in näherer Zukunft mal noch ein bisschen mehr versuchen, zu erfahren und euch zu erzählen, da das hier erlebte ja schliesslich in keinem Vergleich zu dem auf Wikipedia geschriebenen steht.
Anschliessend ging ich noch die Kathedrale an der Plaza de Armas im Zentrum besichtigen (wofür die katholische Kirche einem 10 Soles abzieht…). Die ist wirklich beeindruckend und schöner als manch andere katholische Kirche, doch der Prunk und das ganze Gold, von dem wahrscheinlich genügend von den Inkas gestohlen wurde, gehen einem doch bald über, wenn man die Armenviertel Limas im Kopf hat. Die Institution Kirche kann einem schon ganz schön unsympathisch werden.

Vor und nach meinem heutigen Unterricht war ich dann, wie bereits vor einer Weile erwähnt, beim Global Village von AISEC. Die sind wirklich ganz toll, ihr müsst da unbedingt beitreten! Nein Scherz, ist trotzdem noch ne Sekte, aber immerhin sympathisch unorganisiert, da sie auch erst eine halbe Stunde später mit aufbauen fertig waren. Wir stellten uns an den Stand mit Sauerkraut und redeten mit ein paar interessierten Studenten und Profs über Deutschland, unsere Unis und den Austausch (und natürlich wie uns das Essen und das Land hier gefällt, die Standardfrage), und eigentlich ein paar ganz nette Gespräche geführt. Aber keine Angst, beitreten werde ich trotzdem nicht.

30.9.2010

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Barrio Chino / Pachamanca

Clase en la Kalle: Barrio Chino
Gestern war ich zur Abwechslung und weil ich ein paar Dinge auf dem Markt kaufen wollte im Barrio Chino – dem chinesischen Viertel. Das mitten im Stadtzentrum gelegene Barrio, auf dem in mehreren riesigen Markthallen alles von Stoffen über Lebensmittel, Kleidung bis zu Raubkopien feilgeboten wird, hat eine Fussgängerzone, in der selbst die (peruanischen) Bankfilialen auf chinesisch beschriftet sind. Eine Chifa reiht sich an die nächste, Supermärkte verkaufen chinesische Zutaten und das chinesische Eingangstor wurde von der chinesisch-peruanischen Supermarktkette Wong gesponsort. Schon ein wenig seltsam, erinnert irgendwie an Pozuzo bezüglich kultureller Abgrenzung. Da soll noch mal wer sagen, in Deutschland funktioniert die Integration nicht 😀 …Insgesamt schien das Viertel aber nicht so schlecht – natürlich ist es kein Mittelschichts-Jesusmaria, aber es gibt offenbar einige Viertel in Lima, wo die Menschen schlechter leben. Kein Wunder, wenn alle so geschäftstüchtig sind wie all die Chifabetreiber und Markthändler hier im Barrio.

25.9.2010, Lima

Pachamanca
Gestern hatte ich die tolle Gelegenheit, eine weitere Feierlichkeit á la Peru kennenzulernen (gibts demnächst mal wieder ein How To… :D) – der 2. Geburtstag der Tochter Fernanda von Kattys Bruder wurde gefeiert (in San Martin de Porres – Häuser sind besser als in Puente Piedra, die Strassen um einiges schlechter. Schlussfolgerung: Leute wohnen schon länger hier und haben Zeit und Geld gehabt um ihre Häuser auszubaün, die Barrioverwaltung ist aber weniger effektiv, was auch Rückschlusse auf den Umgang mit Kriminalität zulässt…). Da erstmal fast eineinhalb Stunden mit Snacks auf den Bänken am Raumrand gesessen, was hier zur Feier quasi dazugehört, bis der Clown kam und bis um 10 zu einer grauenhaften Mischung aus Tecno, Perreo und Kindermusik die Kids animierte. Der gehört ebenso dazu wie die Kindertorte, von der es aber für jeden nur ein weniziges Scheibchen gab. Weiss de rHimmel was mit dem Rest der Torte passiert.
Heute ging es dann zur Verabschiedung Kattys, die am Montag wieder nach Spanien fährt, zum gemeinsamen Pachamanca-essen mit Familie und Freunden. PachamancaPachamanca ist eine in einem Erdloch zubereitete Mahlzeit mit stundenlanger Vorbereitung, die natürlich irgendwie dazu gehört. In einem im “Innenhof” gebuddelten Loch werden Kartoffeln, viel Fleisch, Bohnen und Humita (s.u.) unter Erde und zuvor erhitzten Steinen verbuddelt und nach einiger Zeit wieder ausgegraben. Schmeckt hervorragend, ist aber verständlicherweise sehr aufwendig. Hier mal ein Rezept für die Humitas, eine sehr leckere Süssspeise aus Mais, die man auch ohne Pachamanca machen kann:

Humitas
Zutaten: 50 Maiskolben (geht natürlich auch weniger, verringert die entsprechenden anderen Mengen… aber wenn man schon mal dabei ist)´
3 Kilo Zucker
500 Gramm Butter
Öl
200 Gramm Rosinen und ähnliches
Zubereitung: Maiskörner von den Kolben entfernen und mit einer Mühle o.ä. zu Brei verarbeiten. In einem Topf mit Öl und erhitzter flüssiger Butter vermengen, anschliessend den Zucker und die Rosinen hinzufügen und alles gut durchrühren. Die Masse in die ausgebreiteten Maiskolben-hülsen aufteilen (ca. 2 Löffel pro Stück) und diese zusammenfalten. Die Humitas ca 1 Stunde erhitzen (in Pachamanca oder Ofen) und noch warm verzehren (Hülsen auffalten und nicht mitessen XD )

So viel erstmal dazu, jetzt gibts noch die letzten Fotos, siehe Beiträge unten.

27.9.2010

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Österreich im Dschungel

Haus Köhel in PozuzoDie kleine Ziegeldachkirche auf der Plaza Mayor, die holzgeschnitzten Verandas über dem “kleinen Kaffeehaus”, die Unterkunft im “Haus Köhel” und schliesslich das (vorzügliche) Wiener Schnitzel im “Gasthaus Tiroler Adler”… ja, ich bin immernoch in Peru.
Heute früh um 6 sind wir mit einem der üblichen Combis von Oxapampa aus losgefahren, und gute 2 1/2 Stunden am Fluss entlang durch den Dschungel und auf atemberaubend engen Hangpfaden neben dem Canzon über die Strase überquerende Bäche gefahren (einmal fast stecken geblieben). Und dann sieht man plötzlich grün bewaldete Hügel mit Kühen und Holzhütten und Dorfkirchen und fühlt sich wie in Österreich. Im peruanischen Dschungel. (Okay, nicht richtig tieeefer, virgin-Dschungel, aber trotzdem.) Im oben erwähnten Gasthaus assen wir dann Pozuciano-Wurst, Wiener Schnitzel, Kartoffelsalat, Yuca und frittierte Bananen, gefolgt von leckerem Bananenstrudel (Äpfel gabs zur Ankunft der Siedler hier ja nicht…). Der Eigentümer, Señor Egg Gstir, dessen Urgrossvater Bruder des Koloniegründers war, unterhielt sich auf Castellano und tiroler Deutsch mit uns über seine Reise nach Österreich, das Buch, das er geschrieben hat und die Kolonie an sich.
Nach 1/2-Stunde Fussweg konnte ich mir auch das v.a. rheinisch besiedelte Prussia ansehen, dort scheint der Einwanderereinfluss aber nicht ganz so stark hängen geblieben zu sein wie im österreichischen Pozuzo – die Rheinländer haben sich offenbar mehr integriert und vermischt, weshalb jetzt von Prussia nicht sehr viel mehr übrig geblieben ist als das selbstgebraute Bier gleichen Namens und die Dorfkirche.
Haengebruecke PozuzoÜber eine zufällig entdeckte Hängebrücke wanderten wir später den Pilgerpfad zum gegenüberliegenden Hügel (kleine Pilgerstationen erzählen vom Leidensweg Christi – auf Deutsch) und einer hübschen kleinen Kapelle mit herrlicher AUssicht auf das erstaunlich kleine Pozuzo und die von Kühen besiedelten Weiden.
Enzos Bierbrauerei hatte abends leider nicht mehr geöffnet als wir das hauseigene Bier probieren wollten, und mussten deshalb andererorts mit Cuszueña vorlieb nehmen.
Artesania Der Wald
Heutige Höhepunkte: die Unterhaltung mit einem Pozucino italienischer Abstammung (!), heute 84-jähriger Schreiner mit fehlendem Zeigefinger, seinerzeit Anführer der Pozucinos im Kampf gegen den Sendero Luminoso und die staatliche Gegenkraft Morocos (die genauso grausam waren); und das Museo Schaffner, das wirklich interessant von der Geschichte der Kolonie erzählt – und die Kassiererin/Führung/vllt. auch Eigentümerin ist in Bayern geboren… Ein bisschen zu Denken hat mir die Erzählung gegeben, dass ihre Familie kurz nach dem 2. Weltkrieg ausgewandert ist – natürlich kann ich das nicht wissen, aber was wäre wohl einer der plausibelsten Gründe, genau dann schnell in eine deutsche Kolonie auszuwandern, mit dem Vorsatz, dort ein bisschen “frisches Blut” anzusiedeln…?
Mit dem abenteuerlichen Micro ging es zurück nach Oxapampa, von wo es dann morgen über La Merced zurück nach Lima geht… schade, weils eine spannende Tour war, angenehm, weil ich mich dann doch irgendwie an das Klima Limas gewöhnt habe 😉

20.9.2010, Pozuzo / Oxapampa

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Die Sekte ist überall / Dschungel

Die Sekte ist überall
“Hey Chicos!” spricht uns (Nadja und mich, die wir über den Campus schlendern) eine Studentin an. Ich denke erst, es ist jemand von den Internationalen, die ich nicht wiedererkenne (ist mir schon passiert), aber nein. “Kennt ihr AIESEC?” ….aaaaah, die Sekte ist überall!!! 😀
Für alle, die nicht wissen, wovon ich rede(weil sie Christian nicht kennen) – AIESEC ist eine Internationale Organisation für Praktika etc., vor allem an Unis vertreten (u.a. auch in Halle – und eben in Lima). Wer ein paar AIESECer kenntm weiss auch was ich meine, wenn ich von der Sekte spreche. Nichts für ungut Christian, aber dass die doch sehr bindend integrierende Organisation mit seinen Vice-Pres., und Kassenverwaltern ist manchmal um fürchten 😉
Naja, wie auch immer, die machen hier am 30.9. irgendein internationales Fest und da hat sie uns internationale Gringos doch einfach mal zu eingeladen. Hmm, mal schaun ob ich da hingehe. Wenn ich nach dem 30.9. igrgendwie komisch bin und euch zum Beitritt bekehren will, holt einen Sektenberater.
Ansonsten habe ich gestern erstmals die Unibibliothek genutzt, um für mein Referat/Hausarbeit über die Urbanisierung in Sao Paulo und Quito zu recherchieren. Das war ein wenig ungewohnt. Man hat als Studi selbst keinen direkten Zugriff auf die Bücherregale, sondern muss die Bücher vorher über die elektronischen Verzeichnisse (vor Ort ) anfragen, und nach Angabe von Namen und Bibo-nbummer wird man dann im Lesesaal irgendwann aufgerufen, kann di8e Bücher vor Ort lesen/kopieren und gibt sie dann wieder zurück. Naja, andere Länder, andere Bibliothekssysteme.
Die “rural”-Klasse fiel einfach mal aus (nachdem ich den halben Tag darauf gewartet habe…!) weil der Prof einfach nicht kam. Dafür hab ich mich ganz gut mit ein paar Kommilitonen unterhalten, Karten gespielt und anschliessend mit den Leuten um Sokrates (ja, iust ein Spitzname) bei einem von ihnen zu Hause einen zuvor gekauften Pisco geleert, während wir uns über Politik, Homosexualität und Musik unterhileten.
Anschliessend war ich dann auf eine SMS von Benni hin bei Anahi in der San-Miguel-WG, wo es zur Feier der mexikanischen Unabhängigkeit lecker Essen und Pseudo-Huhn prügeln gab. Sehr lustiger Abend.

16.9.2010, Lima

Dschungel
Der Lärm von zahllosen Kleintieren übertrifft jeden Tinnitus, der Urin von Heuschrecken tröpfelt wie kleine Regentropfen auf die Haut. Riesige Bananenblätter hängen über dem Pfad, der immer wieder von kleinen Wasserfällen und Bächen unterbrochen wird. Ein Strom von Ameisen transportiert zahllose Blätter neben meinen Füssen zu ihrem Bau und der Schweiss vermischt sich mit der 86%-feuchten Luft. Ich bin in der Selva.

Wie bin ich hier hergekommen? Nun ja, das mit Donnerstag losfahren wurde natürlich nichts, da Katty und ich erst um 11 Uhr am Terminal waren, wo nichts mehr in die Selva (den Dschungel) fährt. Eisenbahn kreuzt Strasse in AndenAm Freitag früh fuhren wir dann zu einem (anderen und billigeren) Terminal und konnten schliesslich endlich um 12 Uhr losfahren. Der Vorteil der verzögerten Abfahrt war eindeutig die herrliche Aussicht auf der Fahrt durch die Anden (mit Blick auf die Huancayo-Bahn, die ich unbedingt mal ausprobieren muss). gegen Abend in La Merced angekommen, suchten wir uns eine günstige Unterkunft und assen zur cena Schwein mit Reis und Bananen. Die gibt es hier nämlich überall. Das Klima hier ist unglaublich – gestern Abend bei Ankunft war 25 Grad Celsius, jetzt um einiges mehr, dazu auch noch schwül wie sonst was… ich schwitze mich tot. Heute ging es dann in den oben erwähnten Dschungel.
Gondel nach KituWir sind aus La Merced raus zum nahegelegenen Kitu gefahren, den Fluss dorthin überquerten wir mit einer von 2 Männern an einem Drahtseil entlanggezogenen Seilbahngondel, nachdem wir sie erfolgreich auf unsere Seite gerufen hatten – durch das schlagen eines Kupferplattenpendels gegen die Mauer, was laut und weit klingt.
Monique Galaxis an der Lagune KituAuf der anderen Seite angekommen gingen wir in der herrlich schönen Lagune schwimmen und folgten der Einladung dreier Jugendlicher (von denen eine ein Touri-Guide war, uns aber nichts berechnete) an, sie zum 20 min entfernten Wasserfall zu begleiten (siehe Beschreibung oben 😉 ). Wirklich beeindruckend das Ganze, aber wie der Seilbahnchauffeur (ursprünglich aus Barranco, hier für ein Waisenhaus arbeitend, an welches das Geld der Paisaje geht) will ich aber dann doch nicht 😉
Abends nahmen wir dann einen überteuerten Micro nach Oxapampa. Eigentlich wollten wir direkt nach Pozuzo (siehe kommender Eintrag) weiter, dorthin fahren aber nur morgens Busse. Wohl oder übel suchten wir uns also dort ein Hostal, um am nächsten Morgen um 6:00 früh nach Pozuzo aufzubrechen. Die deutschen Einwanderer in der Gegend haben übrigens auch hier ihre Spuren hinterlassen: die Frauen haben deutlich mitteleuropäischere Gesichtszüge, und in einem Geschäft nahe der bayrisch geschmückten Bar gibt es holländischen Käse der ortsansässigen Marke “Floralp”…

18.9.2010, La Merced / Oxapampa

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How to eat out in Peru

Heute mal wieder ein kleines How To für alle zukünftigen Perureisenden und sonstige Interessierte, diesmal zum Auswärts-Essen, da es ausser dem kennenlernen einer Kommilitonin die ab Montag in Leipzig studieren wird nichts erzählenswertes gibt. Nochmal zu Orientierung betreffs Preise: 1 Euro sind derzeit 3,6 Soles.

How to eat out in Peru
In Peru gibt es zahlreiche Möglichkeiten, auswärts zu essen – und das für europäische Mittelschichtler erstaunlich erschwinglich. Leider sieht das für Peruaner mit einem deutlich geringeren Einkommen (was die meisten sind) anders aus, und so werden die meisten Mahlzeiten (und gar nicht die schlechtesten) wohl in privaten Haushalten verzehrt. Für alle, die jedoch nicht oder nur selten die Möglichkeit haben, von einer peruanischen Familie bekocht zu werden, hier ein paar Altenativen:
Chifa: Die Chifas sind für Peru, was für Deutschland Dönerläden sind. Es gibt sie an jeder Ecke, in Lima gibt es wahrscheinlich mehr Chifas als Strassen. Chifas sind chinesische Restaurants, meist allerdings im billigen Sektor und stark peruanisch beeinflusst – also nicht vergleichbar mit deutschen Chinarestaurants. Wie in den meisten Orten sollte man hier unbedingt ein Menü bestellen, wovon es in den meisten Chifas eine grosse Auswahl gibt. Dort bekommt man dann meist eine Hauptmahlzeit mit Wantan frittiert oder als Suppe, seltener auch noch ein Getränk dazu für 5 bis 9 Soles – während das gleiche Gericht á la carte meist um die 12 Soles kostet. Da es die meisten Gerichte auch als Menü gibt, kann man den á la carte-Bereich also gerne überblätten. Die meisten Gerichte bestehen aus Reis (arroz), Huhn (Pollo), chinesischen Nudeln und manchmal süssen Früchten in den verschiedensten Mischungen. Populär sind die “chaufa de arroz”, so was ähnliches wie eine Reispfanne meist mit Hühnchen und diversem Gemüse vermischt. Da manche Chifas angeblich die schlechte Angewohnheit haben, halbaufgegessenes und zurückgelassenes Essen für andere Gäste wieder zu verwerten, schadet es nicht, über die Reste das übriggebliebene Ají zu verbreiten und die Serviette praktisch zu drappieren.
En la calle: Eine der peruanischsten, für deutsche Mägen hin und wieder strapazierende Variante ist das Essen auf der Strasse. In jeder mittelgrossen Stadt finden sich an den geschäftigsten Strassen und vor kleinen Restaurants kleine Grills und Essstände, die den Passanten für 1 bis 3 Soles ihre Mahlzeiten anbieten, besonders zu den Abendstunden. Die häufigsten Mahlzeiten sind Sandwiches und Hamburger in den verschiedensten Varianten (Rind oder Huhn, mit Salat, Papas (frittierte Kartoffeln) und allen möglichen Saucen), Suppen (v.a. “Caldo de Gallina” mit… ihr ahnt es: Huhn) und Schaschlikspiesse (präferiert Anticucho (Rinderherzen, sehr lecker), aber auch Hotdog-Wurst, Huhn und ab und zu ein bisschen Gemüse mit dabei). An anderen Ständen finden sich teils frischgepresste Säfte, die man vor Ort aus einem Glas zu sich nimmt. Und wenn einem nach Dessert zumute ist, Picarones (aus Kürbis und Süsskartoffel bestehende Kringel) und mit Mancharblanco gefüllte Churros (seeehr lecker!) bekommt man für 1-2 Soles. Besonders später am Tag sollte man keine Sandwiches kaufen, die schon fertig im Glaskasten bereitliegen, die wuden meist am frühen Morgen zubereitet und jetzt nicht mehr so geniessbar. Dass das direkt an der Strasse (samt Abgasen) verkaufte Essen auch sonst nicht unbedingt hohen hygienischen Ansprüchen entspricht, ist selbstverständlich.
Vegetarische Restaurants: Ich hab ja so Leute in der Familie, die mit all dem Huhn, Meerschwein und Rinderherz nicht so viel anfangen können. Die habens hier nicht ganz so einfach – inzwischen gibt es aber sogar einige Restaurants mit breitem vegetarischen Angebot. (Z.B. der alte Strassenbahnwaggon im Zentrum Barrancos, sehr zu empfehlen!) Oft werden diese von den Hare Krishna geführt und bieten gesundes, günstiges Essen an, manchmal sogar mit ausgefeilten Speisen mit Fleischersatz (Soja etc). Die Preise sind für Restaurants (selbst in Peru) vergleichsweise günstig, trotzdem kann man mit guter Qualität rechnen. Man muss sie nur eben erstmal finden, denn noch sind sie sehr rar gesät und vor allem in touristischeren Gebieten zu finden.
Cevicherias: Es gibt ja auch so Leute, die total auf Fisch und Meeresfrüchte stehen. Da gehöre ich nun wirklich nicht dazu, werde in der Hinsicht also nichts vorschwärmen können. Fakt ist aber, dass es vor allem an der Küste (natürlich v.a. in Lima) zahlreiche Cevicherias gibt, wo man hauptsächlich das aus Fisch, Limón und Chili bestehende Ceviche, meist aber auch andere Fischgerichte (z.B. frittierter Fisch) und Meeresfrüchte bekommt. Preise können zwischen 8 und 20 Soles variieren.
“Typisch” peruanische Küche: Davon abgesehen, dass die oben genannten Optionen wahrscheinlich am häufigsten von Peruanern genutzt werden,gibt es natülich auch die peruanische Küche, die v.a. Touristen interessiert. Das allseits berühmte Cuy (Meerschweinchen) ist besonders in der zentralperuanischen Zubereitung “Picante de Cuy” (mit scharfer Sauce und Kartoffeln plus Reis) zu empfehlen. Lomo saltado (Steak vom Rinderücken), auch als Lomo de Alpaca (also aus Alpaca 😉 ) möglich, ist eine weitere im Ausland bekannte Köstlichkeit. Aufgrund der meist eher hohen Preise (Cuy in den meisten Restaurants für 30 Soles, als Picante de Cuy wenn man Glück hat für 10 Soles) ist das alles aber, seien wir ehrlich, nur begrenzt “typisch” Peruanisch.
Marktstände: Backpacker, Studenten und andere arme Schlucker wie mich 😉 freuen sich ja immer über billiges Essen. Wenn man sich nicht en la calle (s.o.) eine Magenverstimmung holen will, aber trotzdem für 3-4 Soles den knurrenden Magen unterwegs stillen will, lohnt sich ein Abstecher zur nächsten Markthalle. Hier kiegt man vor allem Suppen an Ständen mit kleinen Bänken zum sitzen, von Caldo de Gallina bis zur Gemüsesuppe, oft auch einfach irgendeine Nudel-Brühe mit allem, was sich gerade gefunden hat – während sich beim Nachbar ein halber Maiskolben findet, findet man selbst unter Umständen Rindfleisch samt Knochen. Der Geschmack und die Qualität kann sehr weit variieren. Wenn man schon mal auf dem Markt ist, kann man sich natürlich gleich auch mit Reis, Kartoffeln und Gemüse von grossen Stapeln eindecken. Ob man das dort an Haken hängende Fleisch kaufen und verzehren möchte, bleibt den eigenen Präferenzen überlassen.
Edelrestaurants: Da kann ich im Prinzip bisher noch weniger drüber sagen als über Cevicherias. Aber die gibts auf jeden Fall auch hier. 😀
Panaderias / Pastelerias Meist gemeinsam auftretend, bekommt man hier Brötchen (Pan – Brot an sich gibt es seeeehr selten) und Kuchen (pasteles, obwohl es eigentlich meist eher Torten sind). Beides unglaublich lecker hier, und meist für gute Preise zu haben – für ein einzelnes Brötchen sollte man nicht mehr als 30 Centimos bezahlen, meist wird eher in Kilo berechnet, welches nicht mehr als 5 Soles kosten sollte. Neben dem typischen Frühstücksbötchen (Pan francés) gibt es häufig Ciabatta, viele verschiedene weisse Brötchen, seltener Körner- und häufiger süsse, sehr weiche und leckere Brötchen (pan dulce), die manchmal innen eine gelblichere Färbung haben (ich vermute einfach mal, dass die einen grösseren Maisanteil haben…). Dann gibt es auch noch Croissants und winzige Minibrötchen (z.B. pan anis) mit ausgefallenen Geschmäckern. Belegte Brötchen findet man allerdings seltener. Die pasteles sind meist als Stücke zu kaufen und sehen nicht nur schmackhaft aus, sondern sind es meist auch. Allerdings wahrscheinlich auch absolute Kalorienbomben und sehr süss. Cheesecake (ja, wie in englisch. Aber spanisch ausgesprochen) mit erweiterten Fruchtgeschmäckern, torta selva negra, Schokoladentörtchen, die riesigsten Sahnetürme… hier kann man meist Tage drin verbringen.
Frühstücken (Desayuno) kann man in den verschiedensten Restaurants, die sich sonst meist auf Sandwich-artiges spezialisieren, und wo man selbiges auch besonders frühstücken kann (aber selten vor 9 Uhr). Typischerweise wird dort auch das Desayuno Continental, Integral und Americano angeboten, die für Preise zwischen 9 und 16 Soles aber erbärmlich wenig bieten. (Was dazugehört, steht meistens dabei – Americano ist meist mit warmen Sachen wie Ei etc, Integral mit Früchten, und Continental das schwächste mit zwei Brötchen und Marmelade o.ä.) Als Getränk wählt man v.a. Kaffee (hier fast immer mit Zucker), Tee oder Mate (de Coca oder Anis), manchmal auch Saft. Wenn vorhanden sind die Sandwiches meist die bessere Alternative. Allgemein kann man das Frühstück auswärts aber gerne vergessen und sich die gleichen (oder bessere) Zutaten sehr günstig im Supermarkt holen.
Was man (fast) vergeblich sucht sind gute Eisdielen (meist eher mittelmässiges Donofrio-Eis aus dem Schubwagen – bisher nur in Cusco einen guten Eisladen entdeckt) und andere ausländische Restaurants. Seltenst einmal gibt es Japanisches Sushi, in touristischeren Gegenden mal eine Pizzaria (in Miraflores gibt es sogar eine Pizzastrasse…), und wenn man Glück hat eine französische Creperie (z.B. in Arequipa beim französischen Kulturzentrum). In Arequipa wird der Dönerladen “El Turco” als Aussergewöhnlichkeit ohnegleichen gefeiert (und hat dafür fast deutsche Preise für ein kleines Dönerchen). Britisch oder irisch sind höchstens die Inventare der gleichnamigen Pubs, Essen und Trinken meist jedoch eher weniger. Wenn man sonst wo eine andere Kultur als Restaurant findet, wird das in den meisten Fällen wohl eher gehobenes Mileu sein.
Zutaten die man überall wiederfindet, sind Huhn und Reis. Huhn vor allem deshalb, weil es billiger als anderes Fleisch ist und ausserdem immer als solches zu erkennen ist (während anderes Fleisch gut mal ein bisschen durchmischt sein kann), und Reis… Reis ist hier elementar und gehört zur Mahlzeit wie die Vorspeise und das Getränk – es gibt nahezu keine Speise (okay, ceviche), die ohne Reis serviert wird, und wenn der mal fehlt, ist das Grund zum Ärgernis. Eine mir besonders liebgewordene Spezialität, allerdings eher zum einkaufen und selber frühstücken oder nachmittagen 😉 – ist der Manjarblanco, ein fudgeartiges, cremig-karamelliges Milchprodukt, von dem man einfach nur schwärmen kann. Getränke zum häufig bestellten Menü sind entweder Gaseosas (Softdrinks wie Cola oder die bereits beschriebene Inka-Cola) oder Fruchtsäfte, leicht angewärmte saftähnliche Limonaden (schwer zu beschreiben… viel Wasser und bisschen Frucht) oder Chicha morada. (Um mich dazu mal zu korrigieren: die Chicha ist das “Maisbier”, Chicha morada ist vollkommen unalkoholisch und aus lila Mais hergestellt. Keins der beiden wird mithilfe der Spucke der Maistreterinnen fermentiert, auch wenn sich das Gerücht hartnäckig hält.

23.9.2010, Lima